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„Nur noch ein einziges Mal“: Spoiler-Interview zum großen Twist des Films

Der Film „Nur noch ein einziges Mal“ mit Blake Lively nimmt im letzten Drittel eine dramatische Wendung. Wir sprachen mit einer Expertin darüber, wie nah an der Realität dieser Twist ist und was sie von der Moral des Films hält.

„Nur noch ein einziges Mal“: Spoiler-Interview zum großen Twist des Films
Wir haben einer Expertin mehrere Fragen zum großen Twist von „Nur noch ein einziges Mal“ gestellt. Foto: 2023 CTMG

Mit „Nur noch ein einziges Mal“ wurde der bekannte Colleen Hoover-Roman mit Blake Lively in der Hauptrolle verfilmt. In diesem Artikel gehen wir explizit auf einige Wendungen im Film ein, die im letzten Drittel enthüllt werden. Dementsprechend sei hier eine explizite SPOILER-WARNUNG angebracht. Wenn ihr wissen wollt, ob sich ein Kinobesuch lohnt, könnt ihr dies in der entsprechenden Filmkritik nachlesen:

Achtung: Ab diesem Punkt wird eindeutiger auf das Thema häusliche Gewalt eingegangen. Sollten Sie oder jemand, den Sie kennen, Hilfe suchen, kann diese unter folgenden Links erreicht werden:

 

„Nur noch ein einziges Mal“: Interview mit Claudia Igney, Referentin der Geschäftsstelle vom Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe - Frauen gegen Gewalt e.V

Im Laufe der Handlung fällt Hauptfigur Lily (Lively) auf, dass die Unfälle mit Ryle (Justin Baldoni), an die sie sich erinnert, keineswegs Zufälle waren. Stattdessen ist der Neurochirurg seiner Partnerin gegenüber handgreiflich geworden. Am Ende des Films hat er sie geschlagen, eine Treppe heruntergeschubst und beinahe vergewaltigt. Das dies der Twist ist, wird zwar von langer Hand vorbereitet – so erzählt Lily bereits beim ersten Aufeinandertreffen mit Ryle, dass sie eine „unzuverlässige Erzählerin“ sei. Trotzdem kommt die Enthüllung einigermaßen überraschend. Wir stellten Claudia Igney, Referentin der Geschäftsstelle vom Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe - Frauen gegen Gewalt e.V, einige Fragen zu diesem sensiblen Thema. Wichtig hierbei ist zu erwähnen, dass es sich um eher allgemeine Antworten handelt, da sie weder das Buch gelesen noch den Film gesehen hat.

Der Film verzichtet am Anfang auf eine Trigger- oder Inhalts-Warnung. Dies wäre auch nicht unbedingt nötig, wie Igney betont: „Extrem viele Filme zeigen Gewalt, da müsste fast überall eine Triggerwarnung stehen. Es kann hilfreich sein, im Vorspann zu schreiben: ‚In diesem Film geht es um häusliche Gewalt‘, ‚Der Film enthält Darstellungen von Gewalt‘ oder Ähnliches. Manchen Menschen hilft das, um zu entscheiden, ob sie sich den Film anschauen wollen. Andere (auch Betroffene) sagen: Unsere Welt ist voller Gewalt, das ist die Realität. Da helfen auch einzelne Triggerwarnungen nicht bzw. das wird inzwischen inflationär gebraucht.“

Viel wichtiger sei es, wie im Film mit dem Thema umgegangen wird: „Gibt es explizite Gewaltdarstellungen? Wenn ja, ist es auf das notwendige Minimum beschränkt oder sehr ausführlich (oft leider auch voyeuristisch)?“ Hier kann sich „Nur noch ein einziges Mal“ unserer Meinung nach wenig vorwerfen. Es wird klar, was genau passiert ist, ohne die Taten jedoch in ausführlich zu zeigen. Lediglich die Szene, in der Ryle Lily körperlich überwältigt, hätte eine Kürzung vertragen können – der Rest wird eindeutig genug angedeutet.

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Wie Ryle gegenüber seiner Partnerin handelt, hat starke Züge des sogenannten „intimate terrorrism“, den Igeny mit Hinblick auf die wissenschaftliche Arbeit nach Johnson (1995), s. Büttner, M. (2020) (Hg.) Handbuch häusliche Gewalt, wie folgt erklärt: „Es ist oft so, dass es mit der ‚großen Liebe‘ beginnt, es scheint der Traummann zu sein, alles geht ganz schnell, sie machen viel zusammen, er trägt sie auf Händen, sie fühlt sich gesehen und wertgeschätzt. Aber dann schleichen sich erste kleine Übergriffe ein, Abwertungen, sie soll sich nicht mehr mit Freundinnen treffen, sondern nur mit ihm zusammen sein, starke Eifersucht. Er fängt an, zu kontrollieren, was sie tut, ruft sie dauernd an etc. Zwischendurch ist es aber auch wieder wunderschön. Und so schleicht sich die (meist erst nur psychische Gewalt) langsam ein und man bzw. frau will es nicht wahrhaben, findet Ausreden [...]. Wenn der Gewaltkreislauf hier nicht unterbrochen wird, kommt es zu heftigeren Gewaltvorfällen, dann auch physische Gewalt und sexualisierte Gewalt […]“

Dieses Muster ist vor allem in der Kennenlern-Phase von Ryle und Lily zu finden. Er isoliert sie bei Treffen und auf Feiern, stellt sich ihr mehrfach in den Weg und fällt ihr ins Wort. Auch der Rest des Films folgt dem Muster, welches Igney weiter beschreibt:

„Es kommt dann oft irgendwann zu einem heftigen Gewaltausbruch mit Verletzungen, die eventuell in Kontakt mit Ärzten/Krankenhäusern oder der Polizei führen. Das ist am ehesten der Moment, wo Hilfe angeboten werden kann, die Erkenntnis da ist, wie zerstörerisch das ist. Aber: Es gibt auch viele Gründe, die Beziehung nicht zu verlassen bzw. nicht verlassen zu können: materielle Abhängigkeit, gemeinsame Kinder, Angst und Scham. Das sind alles sehr reale Hürden. Die Trennung ist für gewaltbetroffene Frauen die gefährlichste Zeit. Der Besitzanspruch des Mannes kann bis zur Tötung gehen (Femizid). Umso wichtiger ist gute Unterstützung: durch Fachberatungsstellen, Frauenhäuser, Polizei (die den Täter aus der gemeinsamen Wohnung wegweisen kann und Kontaktverbote aussprechen kann), aber auch durch sozialpolitische Maßnahmen: bezahlbare Wohnungen auch in Ballungsräumen, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Gleichstellung der Geschlechter, Prävention schon in Kindergärten und Schulen (für ein gleichberechtigtes Miteinander, Konflikte klären können etc.) Manchmal brauchen Frauen nach einer Gewaltbeziehung auch eine traumazentrierte Psychotherapie, um das Erlebte zu verarbeiten.“

„Nur noch ein einziges Mal“: Wie gut ist die Roman-Verfilmung mit Blake Livey? | Kritik
Ryle bedrängt Lily während des Films immer mehr Foto: 2023 CTMG

Lily schafft es in „Nur noch ein einziges Mal“ rechtzeitig, aus der gewalttätigen Beziehung auszubrechen und ihr Leben weiterzuführen – trotz Schwangerschaft und obwohl sie Ryle zumindest kurzzeitig wieder in ihr Leben lässt, wenn auch auf emotionalen Abstand. Diesen Schritt hatte ihre Mutter nie geschafft, sie wurde regelmäßig von ihrem Ehemann verprügelt. Tatsächlich kommt es nicht selten vor, dass Frauen, die in ihrer Kindheit oder Jugend Zeugin oder Opfer von häuslicher Gewalt wurden, im erwachsenen Alter in gleiche Beziehungen rutschen. Dazu gibt es auch wissenschaftliche Ergebnisse: „Die letzte repräsentative Studie im Auftrag des BMFSFJ ist von 2004. Dort wurde gefunden: ‚Frauen, die in Kindheit und Jugend körperliche Auseinandersetzungen zwischen ihren Eltern miterlebt haben, waren später mehr als doppelt so häufig wie Frauen, die keine körperlichen Auseinandersetzungen zwischen den Eltern berichtet haben, selbst von Gewalt durch (Ex-)Partner betroffen. Befragte, die in Kindheit und Jugend häufig oder gelegentlich körperlichen Übergriffen durch Erziehungspersonen oder sexuellem Missbrauch ausgesetzt waren, wurden zwei- bis dreimal häufiger als nicht davon betroffene Frauen später Opfer von Gewalt in Paarbeziehungen.“ (Die entsprechende Quelle haben wir hier verlinkt: Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen) Aktuell laufe „eine neue Dunkelfeldstudie beim BKA, die Ergebnisse kommen 2025.“

Am Ende ist der Film in seiner Message recht deutlich: Auch wenn es vielleicht Liebe gibt in der Beziehung, sollten diese auf keinen Fall weitergeführt werden, wenn diese Form der Gewalt im Spiel ist. Daher kommt der englische Titel „It Ends With Us“, Lily durchbricht den Kreislauf der Frauen der Bloom-Familie mit ihrer Tochter. Das führt zu der stärksten Szene des Films, wenn sich die Hauptfigur endgültig von Ryle lossagt. Igney hält diese Moral allerdings für „problematisch“: „Das ist schon wieder eine unangemessene Verantwortungszuschreibung. Die Message muss lauten: ‚Männer, hört auf mit Gewalt und Diskriminierung! Übernehmt Verantwortung für Euer Handeln! Lebt ein gleichberechtigtes wertschätzendes Miteinander!‘ Und an die Gesellschaft: ‚Mischt Euch ein! Zeigt Haltung gegen Gewalt und Diskriminierung! Schafft Rahmenbedingungen für die Gleichstellung der Geschlechter, Prävention von Gewalt und Unterstützung für Betroffene!‘ Wer Gewalt erlebt, ist niemals schuld daran. Die Verantwortung trägt IMMER die tatausübende Person. Diese tatausübende Person muss sich ändern! Für die Unterstützung von gewaltbetroffenen Menschen ist wichtig, ihnen die Selbstbestimmung zu lassen. Wir können Hilfe anbieten und unterstützen, aber die Entscheidung liegt bei der Frau. Gut gemeinte Ratschläge von außen wie ‚Verlass ihn doch endlich‘ sind meistens nicht hilfreich.“

Dass der Film mit einem Kindheitstrauma eine Erklärung für die Verhaltensweise des Neurochirurgen liefert, sei ebenfalls ein Schritt in die falsche Richtung: „Solche eindimensionalen Erklärungsversuche sind nicht förderlich und wirken letztendlich doch entschuldigend. Es gibt Forschung zu Tätern. Da wurden verschiedene Tätertypen gefunden. Es ist schon so, dass eigene Gewalterfahrungen oder das Miterleben von Gewalt zwischen den Eltern auch bei Männern das Risiko erhöhen, selbst Täter oder Opfer zu werden. Das ist aber nur ein statistischer Zusammenhang. Alle Menschen lernen in der Kindheit und Jugend Muster, die sie mit in ihr Erwachsenenleben nehmen und mit denen sie sich auseinandersetzen sollten [...]. Die meisten Frauen und Männer werden nicht Opfer oder Täter. Und es hängt sehr davon ab, wie das weitere Leben verläuft, ob es gute korrigierende andere Erfahrungen gibt (z.B. wenn der*die Jugendliche im Sportverein oder Chor Vorbilder hat für ein gutes Miteinander und gute Konfliktlösungsstrategien, oder die Schule korrigierende Erfahrungen bietet). Die verschiedenen Tätertypen brauchen auch verschiedene Maßnahmen, von klaren gesellschaftlichen Interventionen bis Traumatherapie. Es gibt durchaus auch Täter ohne eigene Gewalterfahrungen, in hohen gesellschaftlichen Positionen [...], die ein frauenfeindliches Welt- und Selbstbild haben und Frauen als ihren Besitz betrachten, zumindest aber ihnen unterlegen. Ungleiche Machtverhältnisse sind ein Nährboden für Gewalt. Und es gibt Männer, die das sehr gezielt ausnutzen und dabei hochmanipulativ sind.“ Igney betont aber auch, dass sie nicht wisse, was davon auf die Figur Ryle zutrifft.

 

Fazit & Film-Empfehlung zum Thema „häusliche Gewalt“

„Nur noch ein einziges Mal“ scheint den Verlauf einer Beziehung mit einem gewalttätigen Partner ziemlich genau nachzuzeichnen, wobei durch die Dreiecksbeziehung zwischen Lily, Ryle und Atlas noch etwas mehr Hollywood-Drama eingefügt wird. Doch obwohl der Film einige Dinge sehr gut händelt, gibt es aus einer Expert:innen-Sicht scheinbar auch diverse problematische Darstellungen. Wie genau man dies am Ende persönlich bewertet, ist natürlich jedem selbst überlassen.

Eine Empfehlung für diejenigen, die eine realistische Darstellung dieser Umstände sehen wollen, gibt es noch eine Empfehlung von Igney: „Die Schauspielerin Natalia Wörner engagiert sich zum Thema häusliche Gewalt und hat an einigen guten Filmen mitgewirkt. Meine Kollegin empfahl aus der Reihe 'Unter anderen Umständen' den Film 'Dämonen'". Dieser ist in der ZDF-Mediathek zu finden.



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