Eine Fortsetzung zu „Gladiator“ schien lange unmöglich oder zumindest unnötig. Wie sollte die Geschichte schließlich ohne Maximus und Commodus weitergehen? Das verrät uns Ridley Scott ab sofort im Kino.
In der heutigen Zeit würde sich Hollywood kaum trauen, einen Blockbuster mit dem Tod der Hauptfigur enden zu lassen. Das Franchise-Potenzial hat Vorrang, aber nicht immer lässt sich vorhersagen, dass ein Film ein gefeierter Hit wird. „Gladiator“ aus dem Jahr 2000 folgte als moderner Sandalenfilm in den Fußstapfen von „Spartacus“ – ein gewagtes Projekt, das sich auszahlte.
Die Einnahmen überstiegen 450 Millionen Dollar, und fünf Oscars, darunter der für den besten Film, lösten Begeisterung bei Universal aus, gefolgt von Ernüchterung: Maximus war tot, ebenso wie der böse Kaiser Commodus, gespielt von Joaquin Phoenix.
Der steinige Weg zu „Gladiator 2“
Vor über zehn Jahren beauftragte Russell Crowe den Sänger Nick Cave, ein Drehbuch zu „Gladiator 2“ zu schreiben. Dieses berüchtigte Script, das hier zu lesen ist, gab der Geschichte einen mythologischen Twist. Darin wurde der tote Maximus von den Göttern zurück auf die Erde geschickt. Er sollte einen Jesus-gleichen religiösen Anführer und all seine Anhänger töten, da ihre Popularität die anderen Götter langsam verschwinden ließ. Doch bei dem neuen Aushängeschild des Christentums handelt es sich um Maximus‘ Sohn Lucius, weshalb er seinen Auftrag nicht ausführt. Seine Strafe ist ewiges Leben, wodurch Maximus in jedem Krieg der Geschichte kämpft und am Ende als politischer Berater im Pentagon landet.
Russell Crowe war von diesem wahnwitzigen Ansatz wenig überzeugt, und so lag die Idee einer Fortsetzung lange auf Eis. Schließlich schafften es Drehbuchautor David Scapra, der schon für Ridley Scotts „Napoleon“ verantwortlich war, und „The Batman“-Autor Peter Craig, die Geschichte mit größtenteils neuen Figuren fortzusetzen. Funktioniert das?
Der gleiche Traum von Rom
15 Jahre sind seit Maximus' Tod im Kolosseum vergangen. Er konnte Commodus zwar töten und Rache üben, doch der „Traum von Rom“, von dem Kaiser Marcus Aurelius sprach, blieb unerfüllt. An die Stelle von Commodus traten die Brüder Geta und Caracalla, die die Bürger und den Senat ignorieren und sich stattdessen mit tödlichen Spektakeln unterhalten.
Von all dem bekommt Hanno in Numidien kaum etwas mit. Als Bauer und Soldat führt er mit seiner Frau Arishat ein einfaches, zufriedenes Leben – bis die Römer, angeführt von General Marcus Acacius, Numidien erobern wollen. In der folgenden Schlacht stirbt Arishat und Hanno wird nach Rom gebracht, wo er durch seine Wut dem Gladiatorenhändler Macrinus auffällt. Sie schließen einen Pakt: Wenn Hanno für Macrinus im Kolosseum kämpft, erhält er eines Tages die Chance, Marcus Acacius zu töten und seine Frau zu rächen.
Maximus klingt einfach cooler als Hanno
Eine tote Frau, Rachegelüste und ein begabter Gladiator im Mittelpunkt der Geschichte – zunächst wirkt es so, als würde „Gladiator II“ zu sehr auf den Pfaden des erfolgreichen Vorgängers wandern. Doch tatsächlich hat der Film einige Wendungen zu bieten und vertraut dabei klugerweise nicht allein auf Paul Mescals Hanno. Mescal, der bisher vor allem in Indie-Produktionen und im Theater sein Schauspieltalent beweisen durfte, macht seine Sache als Gladiator wider Willen gut und er passt optisch perfekt ins alte Rom – Ridley Scott wählte er schließlich aus, da ihm seine Ähnlichkeit mit dem jungen Richard Harris auffiel.
Allerdings ist Mescal als Hanno einfach nicht so eindrucksvoll wie Crowes Maximus. Gleiches lässt sich über die Kaiser Geta und Caracalla sagen. Verachtenswert und amüsant, keine Frage, aber Joaquin Phoenix‘ Commodus machen sie hier keine Konkurrenz. Dieses Ungleichgewicht wird jedoch von Pedro Pascal und Denzel Washington wettgemacht. Als Acacius und Macrinus bringen sie frischen Wind in die Geschichte und spielen mit den Erwartungen des Publikums.
Panem et squalos – Brot und Haie
„Gladiator II“ ist weniger ein historisches Drama als ein Unterhaltungsspektakel, das es mit dem Realismus nicht so genau nimmt. Haie, die im Kolosseum stürzende Gladiatoren bei Seeschlachten verschlingen? Warum nicht! Ridley Scott wollte sich bei den Kämpfen bewusst vom ersten „Gladiator“ abheben und setzt dabei teilweise auf viel CGI, was sicher nicht jedem gefallen wird.
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Bereits beim Angriff auf Numidien wirken die digitalen Hintergründe teils störend, während in Rom oft genug echte Sets zum Einsatz kommen, was dem Geschehen mehr Tiefe verleiht. Brutale Szenen mit Affen und Nashörnern im Kolosseum mögen zwar nicht sonderlich echt aussehen, dürften Tierfreunde aber eher beruhigen.
„Gladiator II“ ist keine große Kunst, aber äußerst kurzweilig und für Fans des ersten Films durchaus zu empfehlen. Und vielleicht lässt „Gladiator III“ ja nicht 24 Jahre auf sich warten, schließlich wurde nun beweisen, dass eine gelungene Sandalenfilm-Fortsetzung durchaus möglich ist.