In „Eulogy“ setzt „Black Mirror“ auf leise Töne und große Emotionen – mit einem Ende, das ans Herz geht und lange nachwirkt.

Mit Schockmomenten und dystopischen Visionen hat sich „Black Mirror“ seinen Platz in der Serienlandschaft gesichert. Doch in der fünften Episode der siebten Staffel schlägt die Serie leisere Töne an – und entfaltet damit eine besonders kraftvolle Wirkung.
„Eulogy“, erzählt die Geschichte von Phillip (gespielt von Paul Giamatti), der mithilfe futuristischer Technologie alte Erinnerungen neu durchlebt – und dabei erkennt, wie sehr die eigene Perspektive unser Bild von der Vergangenheit verzerren kann.
Darum geht es in „Eulogy“

Phillip lebt zurückgezogen, ist emotional verschlossen – bis er einen Anruf erhält. Carol, seine Ex-Freundin und die Mutter von Kelly Royce, ist gestorben. Kellys Familie bittet Phillip darum, beim Verfassen einer Trauerrede zu helfen. Zu diesem Zweck erhält er eine Technologie namens „Eulogy“, mit der Nutzer durch alte Fotos reisen können, um eine passende Grabrede zu erstellen.
Phillip nutzt lediglich drei Polaroids aus einer verstaubten Schuhschachtel. Begleitet wird er im virtuellen Raum von einem Guide in Form einer jungen Frau, die ihm bei der Erinnerung helfen soll. Doch bald stellt sich ein zentrales Problem heraus: Phillip kann sich nicht mehr an Carols Gesicht erinnern. Auf allen Bildern hat er es aus Wut oder Schmerz unkenntlich gemacht.
Die Erinnerungsreise offenbart Stück für Stück, wie belastet die Beziehung der beiden war. Phillip sieht Carol vor allem als Verursacherin seines emotionalen Leids, doch der Guide, eine KI-Version von Kelly, konfrontiert ihn immer wieder mit alternativen Sichtweisen. So stellt sich etwa heraus, dass Carol bei einer Halloweenparty keineswegs flirtete, sondern versuchte, sich von einem aufdringlichen Mann zu distanzieren – ein Detail, das Phillip verdrängt oder falsch erinnert hatte.
Mit jeder Szene bröckelt sein einseitiges Narrativ: Phillip betrog Carol mit einer Kollegin, Carol nahm einen Job in London an, um Abstand zu gewinnen, und ihr endgültiger Bruch war alles andere als eindeutig – wie sich später herausstellt.
So endet „Eulogy“

Der emotionale Höhepunkt kommt, als Phillip sich an ein besonderes Dinner erinnert: Er war nach London gereist, um Carol einen Heiratsantrag zu machen. Doch das Treffen verlief katastrophal. Carol wirkte abwesend, sprach kaum und lehnte selbst den teuren Champagner ab. Als Phillip schließlich betrunken um ihre Hand anhielt, verließ Carol das Lokal schweigend.
Was Phillip damals nicht wusste: Carol war schwanger – nach einem einmaligen Seitensprung, ausgelöst durch Wut über seinen Betrug. Sie hatte ihm einen Brief geschrieben, der jedoch unbeachtet auf dem Boden seines Hotelzimmers liegen blieb. Ein Zimmermädchen packte seine Sachen ein – mitsamt dem Brief, der Jahrzehnte später wieder auftaucht.
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Phillip findet den Brief, liest ihn – und erkennt das ganze Ausmaß des Missverständnisses. Carol hatte ihm die Wahrheit sagen wollen. Sie hatte sogar um ein Treffen am nächsten Tag gebeten. Doch Phillip erschien nie.
In einem der letzten Momente hört Phillip eine alte Tonaufnahme, auf der Carol Cello spielt. Gleichzeitig wird ein altes Foto klar, auf dem er ihr beim Proben zusieht – nun erkennt er auch endlich wieder ihr Gesicht. Tränen laufen ihm über die Wangen, als sich das Bild seiner Erinnerung endlich wieder zusammensetzt.
Die letzte Szene zeigt Phillip auf Carols Beerdigung, wo er Kelly begegnet. Beide wechseln einen stillen, aber bedeutsamen Blick – ein Moment der späten Versöhnung.
Fazit: Erinnerungen und die eigene Wahrheit
Mit „Eulogy“ liefert „Black Mirror“ eine Episode, die sich ganz der menschlichen Erinnerung, verpassten Chancen und verdrängtem Schmerz widmet – ein Kontrast zum oft technologiekritischen Ton der Serie. Durch die starke Performance von Paul Giamatti gelingt eine stille, aber eindringliche Meditation über Schuld, Perspektive und Vergebung.
Wer auf große Sci-Fi-Themen gehofft hat, wird hier vielleicht überrascht – aber garantiert berührt. „Eulogy“ gehört zweifellos zu den emotionalsten Geschichten, die „Black Mirror“ je erzählt hat.