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Fernsehen

"Lion"-Star Dev Patel: Wozu ihn der echte Saroo brachte | Interview

Indien im Herzen: Die unglaubliche Geschichte von "Lion" führt Dev Patel erneut in seine zweite Heimat und beschert ihm seine erste Oscar-Nominierung. Wie das Treffen mit dem echten Saroo ausfiel und wie sich sein Verhältnis zu Indien gewandelt hat, verriet er uns im exklusiven TV Movie Online-Interview.

"Lion" Der lange Weg nach Hause
Für seine bewegende Darstellung in "Lion" wurde Dev Patel für den Oscar nominiert! Foto: Universum Film

"Das Leben schreibt meist die schönsten Geschichten". Vielleicht wird dieser Spruch etwas zu häufig benutzt – in der Verfilmung der unglaublichen Geschichte von "Saroo Briefley" könnte er treffender kaum sein. Mit fünf Jahren wurde der kleine indische Junge nämlich von seiner Familie getrennt, als er auf seinen Bruder wartend in einen Zug außer Betrieb stieg – und erst tausende Meilen später in Kalkutta wieder herausgelassen wurde.

Saroo Briefley Lion
Sunny Pawar spielt den jungen "Saroo"          Universum Film

Verzweifelt schließt sich Saroo Straßenkindern an, entkommt nur knapp Kinderhändlern und landet schließlich in einem Waisenhaus. Dort wird er von einem australischen Paar gerettet, die ihn adoptieren und eine neue Heimat geben. Über 20 Jahre später lässt ihn seine Vergangenheit nicht los – mittels Google Earth und seiner äußerst brüchigen Erinnerung will Saroo seine „Reise“ rekonstruieren und sein Heimatdorf finden. Eigentlich eine „Mission Impossible“. Und doch gelingt ihm nach mehreren Jahren das Unmögliche.

Seine unglaubliche Reise hat der echte Saroo im bewegenden Roman „A Long Way Home“ im Jahr 2013 verarbeitet. In "Lion - Der lange Weg nach Hause" schlüpft „Slumdog Millionär“-Star Dev Patel an der Seite von Nicole Kidman, Roney Mara und David Wenham jetzt in dessen Rolle und wurde für seine mitreißende Darstellung als bester Nebendarsteller bei den Oscars nominiert. Wie er auf seine Nominierung reagiert hat, was er von Saroo gelernt hat und wie ihn Indien verändert hat, erfahrt ihr im TV-Movie.de-Interview:

TV Movie Online: Glückwunsch zu deiner Oscar-Nominierung. Wie hast du davon erfahren? 

Dev Patel: Ich habe gerade in Mumbai gefilmt. Zufällig war gerade mein bester Freund an meiner Seite, mit dem ich gemeinsam für 'Lion' vorgesprochen habe vor ca. einem Jahr. Als ich die Nachricht erfahren habe, konnte ich es kaum fassen. 

Es muss sich unglaublich anfühlen: „Slumdog Millionär“ war ein Riesenerfolg und mehrfach Oscar-prämiert. Und jetzt bist du wieder mit einem Film nominiert, der in Indien spielt. Wie hat sich dein Verhältnis zum Land verändert in dieser Zeit? 

Für mich ist Indien zu einer Energie- und Inspirationsquelle geworden. Als ich aufgewachsen bin, hatte ich nur wenig Berührungspunkte mit der indischen Kultur. Spätestens mit "Slumdog Millionär" wurde ich mit so ziemlich jeder Facette dieses Landes konfrontiert und habe alles aufgesaugt. Ich fühle mich unglaublich privilegiert, dass ich Filme drehen darf, die dieser fantastischen Kultur im Kino Leben einhauchen. 

Wie hast du von der unglaublichen Geschichte von Saroo erfahren? 

Mein Agent hat mir einen Zeitungsartikel über Saroo geschickt, der mich völlig umgehauen hat. Die Tatsache, dass dieser Junge so viel Ausdauer und Hartnäckigkeit an den Tag gelegt hat, um seine Mutter sozusagen vom Weltraum aus zu finden: Das sprengt einfach jede Vorstellungskraft. Im Kern geht es in der Geschichte um Liebe und Familie. Das sind alles Themen, zu denen ich als Schauspieler natürlich schnell einen Bezug entwickle. Als ich das Drehbuch dann gelesen habe, wusste ich, dass der Film etwas ganz Besonderes wird. 

"Lion" Dev Patel Nicole Kidman
Dev Patel und Nicole Kidman als "Happy Family"          Universum Film

Du hast dich mit dem echten Saroo getroffen: Wie war er? Und was für ein Aspekt an seinem Leben hat dich am meisten fasziniert? 

Ich habe die letzte Szene des Films als Allererstes gedreht. Als wir den ersten Part des Films in Indien fertiggestellt haben, habe ich ihn in Australien getroffen. Es war ein unglaublich berührendes Treffen, weil ich mich zur Vorbereitung für den Film acht Monate lang mit seinem Leben auseinandergesetzt hatte. Ich habe eine Pilgerreise in seinen Schuhen gemacht: Ich bin quer durch Indien mit Zügen gefahren, habe die Frau getroffen, die ihn aus dieser furchtbaren Waisenanstalt herausgeholt hat - und am Ende führte mich meine Reise eben zu ihm. Ich hatte das Gefühl, dass ich ihn schon ewig kenne. Das Gespräch war sehr locker, angenehm und unheimlich faszinierend.  

Musste sich Saroo mit Schuldgefühlen auseinandersetzen,  weil er so ein erfülltes Leben in Australien führen konnte? 

Dadurch, dass er sein früheres Leben eine lange Zeit erfolgreich verdrängen konnte, trifft es ihn an der Uni umso mehr, als er mit seinen Wurzeln konfrontiert wird. Natürlich hat er ein großartiges Leben gehabt – doch er musste sich plötzlich auch mit dem Gedanken herumschlagen, dass seine Mutter und sein Bruder in Indien wohl in großer Armut leben müssen. Das war auch ein großer Ansporn für seine Reise, um ihre Sorgen und Ängste stoppen zu können. 

Hattest du das Gefühl mit deiner Darstellung auf die prekäre Situation der Straßenkinder in Indien hinzuweisen? 

Absolut. Ich bin durch die Dreharbeiten zu meinen Filmen schon oft auf diese wunderbaren Kinder getroffen, die die Straßen von Indien bevölkern. Es bricht einem einfach das Herz, wenn man mit eigenen Augen sieht, wie viele Kinder tatsächlich auf der Straße leben müssen. Was die Geschichte so speziell macht, ist die Tatsache, dass Saroo einer aus etwa elf Millionen Straßenkindern ist, der einfach unheimlich viel Glück hatte. 

Stimmt es eigentlich, dass du kein Smartphone hast und Social Media sehr kritisch gegenüberstehst? 

Ich komme damit einfach nicht klar. Ich habe einen uralten Blackberry bis vor kurzem genutzt - auf dem gab es zum Glück kein Facebook oder Twitter (lacht). "Lion" zeigt ja wiederum, dass Technologie Menschen zusammenbringen kann. Auch die Fortschritte in der Medizinbranche oder die Möglichkeit mit entfernten Menschen kommunizieren zu können, sind großartig. Ich persönlich mag es einfach, wenn mir Personen beim Gespräch gegenüberstehen. Ich bin da ziemlich altmodisch.  

Vor vielen Jahren hat deine Reise als Schauspielerin mit "Slumdog Millionär" so richtig begonnen: Würdest du alles noch einmal genauso machen? 

Ich würde nichts ändern. Und ich bin überglücklich darüber, dass ich so eine Chance erhalten habe. Selbstverständlich gab es auch schwierige Zeiten, in denen ich erschlagen war von Arbeit. Wenn du allerdings mitbekommst, dass deine Arbeit von vielen Kollegen und Zuschauern geschätzt wird, dann setzt das eine enorme Kraft frei. 

Was sind eigentlich diese ringförmigen Süßigkeiten, die Saroo als Erwachsener bei der Uni-Party wiedererkennt? 

Es sind frittierte indische Straßensnacks, die unfassbar süß sind. Die Diabetes ist da quasi vorprogrammiert (lacht). 

Dein nächster Film spielt wieder in Indien, oder?  

Genau. Der Film heißt "Hotel Mumbai" und dreht sich um die Terror-Attacken, die Indien im Jahr 2008 erschüttert haben. Ähnlich wie bei "Lion" handelt es sich um eine australisch-indische Co-Produktion. Ich freue mich auf die Rolle: Denn es wird ein sehr emotionales Projekt!

Das Interview wurde zum Kinostart von "Lion" geführt. Interview & Text: David Rams

 



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