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Serien

In "Hunters" spielte Christian Oliver einen Nazi - "Wie fühlt sich das als Deutscher an?"

Die Amazon-Serie "Hunters" schlug sowohl in Deutschland als auch in den USA hohe Wellen und erntete viel Kritik - nicht unbedingt zurecht, findet Christian Oliver, der zum Zeitpunkt des Drehs nicht ahnte, wie eng er tatsächlich mit Al Pacino zusammenarbeitete. 

Christian Oliver über die Serie "Hunters" und die Zusammenarbeit mit Al Pacino
Für Christian Oliver war die "Hunters"-Rolle an Al Pacinos Seite eine Ehre - aber nicht immer leicht. Foto: Amazon Prime Video & Imago images / MediaPunch

Im Februar 2020 feierte das Historiendrama "Hunters" Premiere und sorgt bis heute für Gesprächsstoff. Das liegt nicht nur an ihrer besonderen Machart, mit der sie sich von allem bisher dagewesenen abhebt, sondern auch an seinem sensiblen Inhalt. "Hunters" erzählt die fiktive Geschichte einer Gruppe, die unter der Leitung des wohlhabenden, jüdischen Geschäftsmanns Meyer Offerman (Al Pacino) Nazis jagt. Dies geschieht zum einen, um Vergeltung zu üben, zum anderen, um zu verhindern, dass diese die US-Gesellschaft weiter infiltrieren und erneut die Macht ergreifen. 

Für Kritik sorgte die David Weil-Serie vor allem deshalb, weil Betroffene den Umgang mit der Holocaust-Thematik teils für zu unsensibel hielten. So wurden Gräueltaten, die historisch verankert sind, mit fiktiven Ereignissen ausgeschmückt, die die Serie für Überlebende noch schwerer erträglich machte. Auch aus der Gedenkstädte Ausschwitz kam deshalb Kritik. Eine Szene, in der jüdische Häftlinge als lebendige Schachfiguren herhalten mussten, und gezwungen wurden, sich gegenseitig das Leben zu nehmen, wurde als Twitter als „gefährliche Dummheit“ bezeichnet, die „künftige Leugner“ animieren könne. 

"TVMovie Online"-Volontärin Luise Bergelt traf Wilhelm Zuchs-Darsteller Christian Oliver zum Interview und sprach mit ihm über die Kritik an der Show und ihrem Schöpfer, seine Zusammenarbeit mit Al Pacino und darüber, was es bedeutet, als Deutscher einen Nazi zu spielen.

Tvmovie.de: Christian, was hat dich persönlich überzeugt, bei der Serie Hunters mitzumachen? Was war dein innerer Antrieb?

Christian Oliver: „Als der Name Al Pacino in der Hauptrolle und Jordan Peele als Produzent gefallen sind, war ich sofort dabei! Am Anfang hieß es, dass es nur eine kleine Rolle werden würde. Zu meinem Glück ist sie immer weiter gewachsen und letztendlich durfte ich in fünf Folgen mitspielen.

Denn das letzte Drehbuch, das Drehbuch Nummer zehn mit dem großem Plottwist, hat keiner vorher bekommen. Und so wusste ich die ganzen Dreharbeiten über auch gar nicht, dass ich den jungen Al Pacino spiele. Ich bin also mit wenig Erwartungen in das Projekt und durfte viele positive Überraschungen rund um meine Rolle erleben.“

Du spielst in Rückblenden den jungen Wilhelm Zuchs unter dem Spitznamen „The Wolf“, einen Nazi-Arzt, der später die Identität des jüdischen Mannes Meyer Offermann stielt und das Nazijägerteam gründet – wie würdest du deinen Charakter deiner Rolle beschreiben? Was treibt ihn an? Wie verläuft seine Entwicklung?

„Der Wolf ist ein sehr gebrochener, krankhafter und gespaltener Charakter und macht eine große Wandlung durch. Er hat diese Obsession mit seiner großen Liebe Ruth. Aus Hass und Verzweiflung nimmt er die Identität Meyers schließlich nur an, damit er seiner großen Liebe folgen und näher sein kann. Doch es ist sehr schwer, nachzuvollziehen, was wirklich im Kopf dieses Monsters vorgeht.  Er sieht sich selbst auch nicht als einen wirklichen Nazi, sondern eher als Doktor, aber natürlich ist er genauso ein Nazi wie alle anderen Nazis in dem Konzentrationslager. Und klar, daher versucht er sich dann mit der Identität auch den Arsch zu retten. Nach seiner Flucht jagt er nun auch Nazis, um sich vielleicht auch ein Stück weit frei zu machen von seiner Schuld.“

Wie war es für dich als Deutscher einen Nazi zu spielen?

„Nazi hin oder her: ich bin Schauspieler und es ist nicht meine Aufgabe, Rollen zu be- oder verurteilen, sondern sie glaubhaft zu beleben und den Film weiterzutrage. Und das war das Wichtigste für mich.“

Christian Oliver
Bild: Imago Images

Welche Szene war besonders schwierig für dich? Wie hart waren die Dreharbeiten?

„In einem nachgebauten Konzentrationslager in Budapest mit hunderten von abgemagerten Darstellern zu stehen, das war eine harte Nummer und ging sehr unter die Haut. Dennoch war es eine besondere Erfahrung, die ich nicht missen möchte.“

Wie war die Zusammenarbeit mit deinen amerikanischen Kollegen? Hattest du mit Stereotypen und Vorurteilen zu kämpfen?

„Komischerweise gar nicht. Wir haben uns durch den gemeinsamen Dreh dieser emotional hochgeladenen Szenen blind vertraut und wussten, wir sind füreinander da. Das ist natürlich genau das Gegenteil von dem, was der Zuschauer am Ende sieht, aber als Schauspieler haben wir versucht, ein sicheres Umfeld zu schaffen, um in diese dunkle Thematik eintauchen zu können. Natürlich gibt es auch immer einen vermeintlichen Spaßvogel, der dich am Set in deiner Nazi-Uniform mit einem 'Sieg Heil' begrüßt. Da fällt es einem als Deutscher auch schwer, dem nichts entgegenzusetzen. Aber die Amerikaner haben bis heute eine komische Art, mit dieser Historie umzugehen. Das sind wir als Deutsche natürlich viel sensibler.“

Habt ihr am Set/ nach den Dreharbeiten über die Thematik rund um Nationalsozialismus und Holocaust gesprochen? Gerade im Hinblick auch auf aktuelle rechtsradikale und politische Entwicklungen in Deutschland?

„Eben gerade, weil wir die Szenen mit Würde drehen wollten, haben wir am Set sehr viel drüber gesprochen. Auch David Weil selbst hat uns in der Mittagspause oder auch abends sehr viel von seinen Großeltern erzählt, die selbst im Konzentrationslager gelitten haben. Und da ist einem auch bewusst geworden, wie nah und wichtig ihm das ist.“

Wie war die Zusammenarbeit mit Al Pacino? Welche Lektionen hast du von Al Pacino gelernt?

„Wenn er das Set betreten hat, blieb mir erst einmal kurz der Atem weg. Dabei ist er ist ein ganz geerdeter und toller Mensch und nimmt diesen mega Star-Status überhaupt nicht in Anspruch. Im Gegenteil: er bringt das Beste in allen am Set hervor und macht alle um sich herum groß. Und da kamen ganz neue Energien auf. Und das Coolste war natürlich auf der Premiere mit ihm zusammen ein Bierchen zu trinken. Und durch unsere Rollenverbindung haben wir jetzt eine ganz besondere Connection. Wenn ich ihn in zwanzig Jahren noch einmal wiedertreffe, dann wissen wir beide ‚Oh there is the wolf!!‘.“ (lacht)

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Jetzt zur Serie selbst… „Hunters“ wird vieles vorgeworfen – eine Nazijäger-Komödie zu sein, eine sarkastische Tragödie, trashiges Rachedrama, postmoderner Genre-Mix auf Tarantino-Spuren – wie würdest du die Serie beschreiben und genremäßig einordnen?

„Die Serie ist einfach so speziell und so anders, dass sie auf jeden Fall ihren Platz im Spotlight verdient hat. Der Style und die Art ist schon was ganz Besonders. Und dass da Menschen kritisch mit umgehen, ist vollkommen okay, solange sie sich damit reflektiert auseinandersetzen und es nicht einfach nur als Schrott abtun.“

Was hat es mit dem Leitmotiv bzw. dem Nachahmen der Comichelden auf sich?

„Das ist natürlich ein heikles Thema, aber David wollte jüdischen Comichelden, die es eigentlich in seinem Leben nie gab, auch eine Plattform schaffen.“

Welchen Hintergrund oder welches Wissen muss man haben, um die Serie (besser bzw. richtig) zu verstehen?

„David will die Leute zum Denken anstoßen und immer wieder auch unsere heutige Society wiederspiegeln. Die Leute sollen sich kritisch damit auseinandersetzen, wie wir miteinander umgehen und zusammenleben. Auch Jorden Piel sucht sich als Kämpfer gegen Rassismus alle seine Projekte sehr vorsichtig aus, indem die wahre Geschichte dahinter auch immer etwas mit unserer Gesellschaft zu tun hat.“

Die Serie hat durch fiktive Konzentrationslager-Szenen wie die des sadistischen Schachspiels mit negativer Kritik zu kämpfen, nicht zuletzt durch die Gedenkstätte Ausschwitz selbst – was war die Intention der erfundenen grausamen Darstellungen?

„Dieses Schachspiel geht natürlich unter die Haut. Und ich kann nachvollziehen, dass Leute sagen, der Holocaust und die Nazi-Verbrechen waren so schlimm, da muss man nicht noch mehr Horror dazuerfinden. Ich glaube jedoch, dass er das Fiktive benutzen wollte, damit wir die Grausamkeit durch neue Szenen wieder erfassen können, ohne uns davor aus Selbstschutz zu verschließen. Denn die anderen, realen Bilder aus Dokus kennen wir alle, haben wir alle immer wieder als Schüler gesehen, bis man diese grausamen echten Bilder gar nicht mehr verarbeiten konnte.  Natürlich muss man mit diesen Themen der Zeitgeschichte vorsichtig und ehrenvoll umgehen, doch als Creator und Künstler hat man auch die Freiheit, neue Darstellungen und Blickwinkel zu erfassen, um die Menschen wieder emotional zu erreichen, diese Thematik den Zuschauern anders nahezubringen und sie so wieder zur kritischen Reflektion anzuregen.  Und am Ende ist und bleibt Hunters ja auch eine Entertainment-Serie und erhebt nicht den Anspruch eines Dokumentationsfilm über Auschwitz.“

Besteht hier die Gefahr, dass das Bewusstsein für die Gräueltaten durch Fiktion untergraben wird? Immerhin öffnet die Vermischung von historischen Fakten mit Fiktionen Tür und Tor für künftige Leugner von Holocaust und Naziverbrechen (im Sinne von „alles übertrieben“).

„Hoffentlich nicht. Das ist natürlich genau das Gegenteil von dem, was man mit dieser Serie bewirken. Ganz besonders heute mit all der Informationsüberflutung, den Verschwörungstheoretikern und Fake News  ist es immer wichtiger, sich als Mensch und als Gesellschaft immer wieder klar zu machen, was Fakt und was Fiktion ist.

Anstelle von Reflektion und Vergebung setzt die Serie Selbstjustiz und Vergeltung – was sendet das für ein Signal?

„Eben ein ganz klares Signal genau gegen den Weg der Selbstjustiz und für Moral und Menschlichkeit. Die Serie zeigt: Es gibt immer böse Menschen und wir müssen Wege finden, wie wir als Gesellschaft mit diesen Menschen umgehen können, ohne ihnen dabei Macht und Raum zu schaffen.  Wir müssen lernen, dass wir alle gleich sind. Am Ende sind wir eben alle Menschen und müssen zusammenhalten.“

Welche Lehre/ Botschaft möchte Hunters vermitteln?

„Die Serie hofft auf jeden Fall auf die Erkenntnis und den Entschluss der Menschen, dass solche Grausamkeiten nie wieder passieren dürfen. Sie kann als Appell an Reflektion, Wachsamkeit und Nächstenliebe verstanden werden, denn bis heute spiegeln sich Missgunst, Hass und Rassismus in unserer Gesellschaft wider. Auch faschistische und identitäre Strömungen sind leider längst nicht so abstrakt und weit weg, wie wir das gerne hätten.“

Hunters Al Pacino Logan Lerman
Bild: Amazon Prime

Glaubst du, die Serie kann also auf eine metaphorische Ebene gehoben werden?

„Ich glaube schon, doch es ist wie bei einem Kunstwerk im Museum: Das muss man nicht deuten, kann man manchmal selbst nicht deuten oder vielleicht soll man es auch gar nicht deuten. Hunters muss auch nicht jeder sehen, abends vor dem ins Bett gehen würde ich sie auch nicht sehen wollen. Trotzdem ist sie wichtig und hat zurecht einen Stellenwert in der heutigen Erzählweise.“

Serienschöpfer und Autor David Weil sagt selbst (als Antwort auf negative Kritik), er habe aus der Verantwortung des Enkels von Holocaust-Überlebenden heraus gehandelt, um das Bewusstsein der Gräueltaten am Leben zu halten und das Versprechen „Nie wieder“ zu festigen – wird er dem durch „Hunters“ gerecht?

„Ich weiß, dass sich die Serie sehr kritisch von vielen Menschen angesehen wird, aber David Weil hat die Serie seinen Großeltern und Millionen andere Juden gewidmet und vor diesem Hintergrund war seine Umsetzung für mich auch stimmig. Und dadurch, dass David seine Intentionen auch ganz klar offengelegt hat, kann man ihm meiner Meinung nach auch nichts vorwerfen.

Dass dies Menschen dennoch tun, kann ich aber auch verstehen und möchte es auch gar nicht verurteilen. Die Serie ist nun mal ziemlich brutal und düster – manche Leute lieben es und manche finden es eben nicht so gut, solche wichtigen und emotionalen Themen auf diese Weise aufzuarbeiten. Im Großen und Ganzen ist es einfach wichtig, die Geschichten am Leben zu erhalten. Und nicht zuletzt ist die Erzählweise natürlich auch ein bisschen dem Entertainment-Medium Film und Serie geschuldet, was aber nicht heißt, dass sie dem Menschen nicht auch noch weit mehr als Entertainment mitzugeben versucht.  Das wichtige ist der Austausch und die Kommunikation, die durch die Serie entsteht. Ob man diese nun gut findet oder nicht, das Bewusstsein für die Vergangenheit wird geschärft und durch die völlig neue Inszenierung bricht die Serie darüber hinaus mit über Jahrzehnte hinweg festgefahrenen Sichtweisen. Sie regt dazu an, auch immer wieder mit präsenten Perspektiven zu brechen und die Weltgeschichte immer wieder anderes zu reflektieren und zu betrachten.

Ich glaube also schon, dass er seinem Anspruch mit Hunters gerecht wird und bin mir auch sicher, dass seine Großeltern stolz auf ihn wären.“

Inwiefern bist du an der Serie charakterlich gewachsen? Haben sich Einstellungen zu etwas geändert?

„Mir persönlich hat die Serie gezeigt, immer wieder offen für neue Erlebnisse und Geschichten zu sein. Es war schön, zu sehen, dass meine kleine Rolle immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Nein zu sagen, ist immer leicht, doch Dingen optimistisch entgegenzutreten, kann so viel schöner sein.  Wenn man die Dinge mit Optimismus angeht, bekommt man selbst auch nur Positivität zurück.“

Was erhoffst du dir von der Serie?

„Dass sie auf positive Ansätze bei den Menschen stößt und sie zu der Erkenntnis bringt: Was da passiert ist, wollen wir in unserem heutigen Gesellschaftsbild nicht mehr und wir müssen alles dafür tun, dass solche schlimmen Dinge nicht mehr passieren.“

 
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