Während Diablo 4 in Entwicklung ist, serviert uns Blizzard mit "Diablo 2 Resurrected" eine eindrucksvolle Neuauflage des Kultspiels. Wie uns unser Trip ins Sanktuario gefallen hat, verraten wir euch in unserem Test!
Was darf bzw. sollte ein Remaster/Remake dürfen? In den vergangenen Jahren hat die Videospielindustrie wohl mehr Neuauflagen bekannter Klassiker erlebt, als jemals zuvor. Was eine brillante Neuauflage erreichen kann, bewiesen bspw. unlängst die Bluepoint Studios (übrigens gerade frisch von Playstation als Exklusivstudio benannt) mit dem fantastischen Remake von "Demon’s Souls" auf der PlayStation 5. Quality of Life-Verbesserungen und ein vorsichtiges Aufmotzen für moderne TV-Bildschirme und Hardware war hingegen bei der Mass Effect Legendary-Edition angesagt. Und dann gibt es noch lieblose Umsetzungen, die quasi ein Remaster versprechen, in Wirklichkeit aber nur eine müde Neuauflage zum Vollpreis abliefern. Keine Sorge: Letzteres ist bei "Diablo 2 Resurrected" wahrlich nicht der Fall, auch wenn Blizzard-Fans nach dem enttäuschenden WarCraft 3: Reforged durchaus berechtigte Zweifel haben durften, ob Blizzard eines der wohl beliebtesten Spiele überhaupt vernünftig in die Neuzeit bringen würde.
Diablo 2 Resurrected - Ein audiovisueller Höllentrip
Der Druck auf das Studio war nämlich nicht klein: Viele Spieler*innen haben in Diablo II und dem Addon Lords of Destruction (das hier natürlich integriert ist) Hunderte von Spielstunden verbracht und eine regelrechte Passion entwickelt. Noch immer gilt Diablo 2 als eines der besten Hack & Slay-Spiele aller Zeiten und wird von den meisten Diablo-Fans auch durchgängig Diablo 3 vorgezogen. Die offensichtliche Änderung von Diablo 2 Resurrected, die unmittelbar ins Auge fällt, ist die brandneue Präsentation: Statt einer Auflösung von 800x600 ziehen wir hier nicht nur mit bis zu 4K in den Kampf gegen Diablo und die Schergen der Hölle, sondern bekommen auch brandneue Assets, Texturen, Animationen und eine verbesserte Beleuchtung spendiert. Kurz gesagt: Die Basis von Diablo 2 Resurrected mag zwar schon 20 Jahre alt (und werkelt trotzdem noch fleißig im Hintergrund), doch "Diablo 2: Resurrected" sieht verdammt gut aus. Besonders die tollen Effekte, wenn bspw. unser Magier seinen Feuer-Orb in die wütende Gegnerschaft schießt, machen auch Anno 2021 verdammt viel her und sorgen für großartige Spielmomente.
Wer glaubt, dass Diablo 2 in seiner angestaubten Erinnerung sowieso so ähnlich ausgeschaut hat, darf per Tastendruck auf die Original-Version aus dem Jahr 2001 umschalten und vermutlich erstmal seine Kinnlade wieder hochklappen. Das Entwicklerteam holt aus der Präsentation wirklich extrem viel raus. Nicht ganz so elementar verbessert, aber auch deutlich aufgebohrt, präsentiert sich der fantastische Soundtrack des Spiels, der die düstere Grundatmosphäre perfekt untermalt. Als Diablo-Fan hatte ich tatsächlich in den ersten Spielstunden mehrmals Gänsehaut, was vor allem an der fantastischen Präsentation und der grandiosen Soundkulisse gelegen hat. Wir konnten das Spiel sowohl auf PC, als auch PlayStation 5 testen: Die PC-Fassung hinterließ auf unserem High-End-Rechner überwiegend einen sehr guten Eindruck. Einen Game-Freeze haben wir beim Durchzocken verzeichnet, ansonsten zeigte sich das Spiel technisch sehr rund. Auf der PlayStation 5 könnt ihr hingegen zwischen einem Framrate-Mode mit 60 Bildern pro Sekunde und einer angepeilten Auflösung von 1440p sowie einem Quality Mode wählen: Hier läuft Diablo 2 Resurrected meist mit 4K, allerdings nur mit 30 Bildern pro Sekunde. Tatsächlich ist beachtlich, wie anfordernd das Spiel teilweise ist: Passiert gerade viel im Frame, geht die Auflösung selbst auf der PS5 teilweise in die Knie im Performance Modus.
Diablo 2 Resurrected: Zwischen Nostalgie-Lust und Hotkey-Frust
Spielerisch sieht das Ganze etwas anders aus: Hier haben sich die Verantwortlichen dafür entschieden, die grundsätzlichen Spielmechaniken von Diablo 2 und Lords of Destruction weitgehend intakt zu lassen. Und tatsächlich zieht der Gameplay-Loop, das Sammeln von Items, das gut überlegte Skillsystem und die unendlichen Möglichkeiten seinem jeweiligen Charakter vernünftig auszurichten gleichermaßen in den Bann, wie vor knapp 20 Jahren. Allerdings hat die Zeit definitiv an einigen Aspekten von Diablo 2 Resurrected genagt: Besonders die Erkenntnis, dass ihr nur einmal pro Schwierigkeitsgrad (oder über aufwendige Umwege) die Skills eures Characters neu belegen könnt, ist heutzutage natürlich schon brutal. Viel mehr hat uns in der PC-Fassung die Tatsache genervt, dass wir maximal zwei Skills gleichzeitig auf der Maus belegen können und in den teilweise unübersichtlichen und nervenaufreibenden Kämpfen ständig Skills umswitchen müssen. Diablo II-Veteranen werden jetzt vermutlich so: Naja, aber das gehört sich so! Natürlich ist dieses Argument valide. Gleichzeitig stellt sich die Frage, warum Blizzard komplett auf zumindest optionale Quality of Life-Improvements verzichtet hat, die in anderen ARPGs wie „Path of Exile“ & Co. mittlerweile gang und gäbe sind und Neueinsteigern das Leben deutlich vereinfachen würden.
Witzigerweise lässt sich zumindest per Controller die Steuerung auch auf dem PC anpassen und wird dank Skillbelegung auf Tastendruck teilweise etwas einsteigerfreundlicher. Natürlich sind einige wenige Verbesserungen auch bei Diablo 2 Resurrected vorgenommen worden: So könnt ihr das „kleine“ Inventar nun per Tastendruck sortieren, sammelt Gold direkt auf, wenn ihr eure Figur über die Münzen bewegt oder könnt Sachen dank der größeren Truhe einfach verstauen und zwischen euren Chars hin- und herschieben. Apropos Chars: Zwar lässt sich Diablo 2 Resurrected komplett offline spielen, allerdings könnt ihr entweder nur Online-Charaktere oder Offline-Charaktere anlegen, was hin und wieder zu Frust führen kann, wenn die Online-Komponente, wie direkt am Release-Tag rumspackt oder ihr plötzlich doch Lust habt euren Offline-Charakter mit Freunden im Online-Modus auszutesten. Schade auch, dass Blizzard nicht nur auf den klassichen Couch-Koop verzichtet hat, sondern auch auf die nostalgische LAN-Unterstützung: Gerade Anno 2000 bzw. 2001 war Diablo 2 auf LAN-Partys doch das große Ding. Während das Spiel fast überall authentisch bzw. nostalgisch bleibt und selbst legendäre Bugs & Glitches unangetastet lässt, fehlt hier leider der LAN-Modus.
Cool ist allerdings die Möglichkeit dank Cross-Save Diablo 2 Resurrected bspw. auf dem PC zu beginnen und das Spiel dann von unterwegs auf der Switch fortzusetzen. Crossplay ist derzeit hingegen leider nicht unterstützt: Das wäre für die Zukunft und Langlebigkeit der Multiplayer-Erfahrung sicherlich sehr wünschenswert. Denn gerade mit bis zu acht weiteren Mitspieler*innen spielt das legendäre Meisterwerk seine ganze Klasse aus – inkl. Streitereien um Loot und nervig-adrenalintreibende Corps-Runs.
Fazit zu Diablo 2 Resurrected
Ab in die Hölle: Wenn man die erste Session zu Diablo 2 Resurrected startet und sich ein paar Stunden später fragt, warum es plötzlich so spät geworden ist, dann wird einem bewusst, dass das süchtig machende Spielprinzip und die brutal-düstere Atmosphäre auch über 20 Jahre nach Erstrelease nichts von ihrer Faszination eingebüßt haben. Diablo 2 Resurrected besticht vor allem mit der fantastischen audiovisuellen Präsentation, die den Klassiker einen würdigen neuen Anstrich verpassen. Ansonsten haben die Entwickler*innen fast alles so belassen, wie es mal war – sowohl im Guten, als auch im Schlechten. Denn für Veteranen mag Diablo 2 Resurrected genau das Diablo sein, dass sie sich gewünscht haben. Neueinsteiger*innen werden einige Komfortfunktionen der Konkurrenz vermissen und könnten möglicherweise schnell abgestoßen sein. Von uns gibt es dennoch eine klare Kaufempfehlung: Denn „Diablo 2 Resurrected“ ist im Kern immer noch ein höllisch gutes Spiel, das nichts von seiner einstigen Faszination verloren hat.
"Diablo 2 Resurrected" ist seit dem 23. September 2021 für PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X|S, PC und Nintendo Switch erhältlich!