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"Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush": Ein starker Appell für Menschenrechte | Filmkritik

Ein Film über Guantanamo kann eigentlich nur deprimieren. Doch "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush", der am 28. April 2022 im Kino startet, ist auch ein optimistischer Film geworden. Von Robert Gruhne

Schweigemarsch in Washington: Bernhard Docke (Alexander Scheer) und Rabiye Kurnaz (Meltem Kaptan).  Foto: Andreas Höfer, Copyright: Pandora FilmSchweigemarsch in Washington: Bernhard Docke (Alexander Scheer) und Rabiye Kurnaz (Meltem Kaptan).  Foto: Andre
Rabiye Kurnaz (Meltem Kaptan) und Bernhard Docke (Alexander Scheer) ziehen für Murat Kurnaz bis vor den Supreme Court in Washington. Foto: Andreas Höfer / Pandora Film

„Murat, wo bist du? Es gibt Essen!“, ruft Rabiye Kurnaz ihrem Sohn am Telefon entgegen, wie so viele Mütter ihre Kinder rufen, wenn sie nicht rechtzeitig am Tisch sitzen. Aber Murat kommt nicht. Fünf Jahre lang wird er nicht kommen, denn der zum Zeitpunkt seines Verschwindens 19-Jährige ist auf dem Weg nach Pakistan. Dort wird seine Reise jedoch nicht enden, sondern in einem Käfig in Guantanamo.

"Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush": Film von Andreas Dresen

Schon einige Filme hat es über das brutale Gefängnis gegeben, in dem die USA nach dem 11. September 2001 hunderte Menschen aufgrund eines Terrorverdachts festhielten. Filme über die Unrechtmäßigkeit des Lagers, über die Haftbedingungen, über die Folter. Aber noch kein Film beschäftigte sich so eindringlich mit dem Leid der Angehörigen, deren Söhne, Neffen, Brüder und Ehemänner einfach verschwanden und ohne Anklage in einem Foltergefängnis am anderen Ende der Welt festsaßen, wie „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ von Regisseur Andreas Dresen.

Der Film hat den wahren Fall des Murat Kurnaz als Grundlage, begleitet allerdings konsequent, über fünf Jahre lang, seine Mutter Rabiye (Meltem Kaptan) – eine quirlige Frau aus Bremen, wohnhaft in einem Reihenhaus, mit ihrem Ehemann und drei Söhnen. Rabiye kämpft für die Freilassung ihres ältesten Kindes, geht zur Polizei, schreibt an Minister und an Hilfsorganisationen. Aber erst der Menschenrechtsanwalt Bernhard Docke (Alexander Scheer) hört ihr zu, nimmt sich des Falls an und zieht mit ihr bis vor das oberste Gericht der USA.

Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush: Ankunft auf dem US-Militärstützpunkt in Ramstein: Murat Kurnaz (Abdullah Emre Öztürk) wird am 24. August 2006 von seiner Familie in Empfang genommen.
Murat Kurnaz, gespielt von Abdullah Emre Öztürk, saß fast fünf Jahre in Guantanamo. Foto: Luna Zscharnt / Pandora Film

Silberner Bär für Hauptdarstellerin Meltem Kaptan

Jahrelang feilte Regisseur Andreas Dresen an dem Stoff. Zu hoffnungslos war die Geschichte von Murat Kurnaz selbst – bis die Idee kam, den Fall aus der Sicht der Mutter zu erzählen. Das Drehbuch schrieb Laila Stieler, mit der Dresen schon oft zusammenarbeitete. Für ihre Arbeit erhielt sie zurecht den Silbernen Bären der Berlinale, in deren Wettbewerb „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ lief.

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Einen Silbernen Bären bekam auch Schauspielerin und Komikerin Meltem Kaptan, die die Hauptrolle spielt und damit ihr deutsches Kinodebüt gibt. Ihre Darstellung der Rabiye ist der strahlende Mittelpunkt des Films. Sie gibt ihren Sohn nie auf und arbeitet unerschütterlich daran, ihn wieder zu sehen. Aber gleichzeitig bleibt sie bodenständig und gibt Acht, bei aller Trauer um den gefangenen Sohn ihre Familie zu Hause nicht zu verlieren. Und sich selbst auch nicht.

"Rabiye Kurnaz versus George W. Bush": Film über Guantanamo

Dieser Spagat gelingt Meltem Kaptan. Sie verpasst ihrer Rolle dabei sogar noch eine komische Note, ohne den ernsten Hintergrund ins Lächerliche zu ziehen. Wie die Bremer Mutter plötzlich durch die Weltgeschichte tapst, in die Arme eines türkischen Ministers stolpert oder einen philanthropischen Hollywood-Schauspieler für einen Kellner hält, ist höchst unterhaltsam und verleiht dem Film enorm viel Herzlichkeit.

Meltem Kaptan im Film Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush
Meltem Kaptan als Rabiye Kurnaz trägt den Film. Foto: Luna Zscharnt / Pandora Film

Das Zusammenspiel mit ihrem ungleichen Partner, dem von Alexander Scheer gespielten Anwalt, hebt Rabiyes Charakter nochmals hervor. Docke ist ein Denker, ein eher nüchterner Mensch, der aber ein gutes Herz hat. Selbst ihm, dem Schreibtischhengst, rinnt Rabiye des Öfteren ein Lächeln ab.

Ein Feel-Good-Movie ist „Rabiye Kurnaz versus George W. Bush“ trotzdem nicht. Zu groß ist die Ungerechtigkeit, die Willkür, der so viele Menschen in Guantanamo ausgesetzt waren und teilweise immer noch sind. Die Grundthematik, welche Auswirkungen Vorurteile haben können, ist stets präsent. „Er ist kein Taliban!“, ruft Rabiye an einer Stelle des Films. „Er sieht aber so aus!“, antwortet ihre Schwester und damit bringen es beide auf den Punkt.

Filmstart für "Rabiye Kurnaz versus George W. Bush" am 28. April 2022

Bernhard Docke (Alexander Scheer) und Rabiye Kurnaz (Meltem Kaptan) nach Rabiyes Rede vor den Familien der Guantanamo-Gefangenen in Washington.
Rabiye Kurnaz und Bernhard Docke sind bis nach Washington gereist, um Murat aus dem Gefängnis zu holen. Foto: Luna Zscharnt / Pandora Film

Die politischen Hintergründe des Kurnaz-Falls kommen im Film jedoch leider nur vage vor. Andreas Dresen gibt den Betroffenen ein Gesicht, aber nicht den politisch Verantwortlichen. Nur in Texttafeln am Ende des Films erfährt man etwas vom Kontext, wie die deutsche Regierung in die Verlängerung von Murats Haft verstrickt war. Aber Bilder wären hier überzeugender gewesen als Worte.

„Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ von Andreas Dresen ist kein klassischer Gerichts- oder Gefängnisfilm, sondern das Porträt einer für Gerechtigkeit kämpfenden Mutter. Der Film zeigt, wie Menschen unter die Räder der großen Politik geraten können, aber sich auch selbst ermächtigen. Der Film bleibt immer nah dran an seinen Figuren, gibt Hoffnung und plädiert dafür, immer den einzelnen Menschen zu sehen.

Der Film läuft ab dem 28. April 2022 in den deutschen Kinos.

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Video: Pandora Film Verleih

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