Bei der Gamescom 2024 war „Avowed“, das mit Spannung erwartete Obsidian-Rollenspiel, endlich das erste Mal anspielbar.
„Wir haben euch gehört. Euer Backlog ist viel zu groß!“ So oder so ähnlich kam die letzte Verschiebung von „Avowed“ bei der Rollenspiel-Community an. Seit der Ankündigung wurde das neue Spiel der „Fallout: New Vegas“-Verantwortlichen mit großer Spannung erwartet: Doch der erste Gameplay-Eindruck kam bei der Community gar nicht gut an. Zu bunt, zu comichaft, zu hölzern – die Liste der Enttäuschungen lässt sich noch mit mehr Synonymen weiterführen. Zwar konnte sich „Avowed“ dank neuer Gameplay-Eindrücke etwas Reputation in der Zwischenzeit zurückholen, doch so ganz überzeugend wirkten die sehr hölzernen Kämpfe und die KI der NPCs nicht wirklich. Bei der Gamescom 2024 konnten wir mit einer Auswahl an drei „Builds“ endlich selbst eine Nebenquest von „Avowed“ anzocken und haben dabei richtig viel gesehen, das uns (mit wenigen Ausnahmen) zuversichtlich stimmt.
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„Avowed“: So lief unsere Mission in der Gamescom 2024-Mission ab!
Wir konnten bei der Gamescom 2024 eine Nebenmission von „Avowed“ absolvieren. Diese war ca. 30 Minuten lang, sodass wir die Mission nicht nur abschließen konnten, sondern auch einen anderen Durchlauf mit einer vorgefertigten Figur unternommen haben. Grundsätzlich gibt es im Spiel keine vorgefertigten Klassen: Vielmehr definiert ihr eure Spielfigur mittels Skill-Punkten selbst, ob ihr lieber einen Barbaren bzw. Tank mit viel Nahkampf-Power haben möchtet oder einen Fernkämpfer, wie wir zu Beginn unserer ersten Session gewählt haben. Dieser verfügt nicht nur über Pfeil und Bogen für die lange Distanz, sondern auch zwei Pistolen für den „Nahkampf“. Und daneben steht euch in dieser Mission ein fremdartiger Gefährte namens „Kai“ zur Verfügung, den vor allem „Mass Effect“-Fans an seiner Stimme erkennen dürften. Kai kann von euch per Shortcuts kommandiert werden, um z. B. eine kraftvolle Nahkampf-Attacke mit seiner Pistole abzufeuern oder sich wuchtig aus der Luft auf die Gegner zu stürzen.
Bevor wir jedoch unsere Kontrahenten aufgemischt haben, fiel uns auf, dass „Avowed“ von Beginn an zum Erkunden anregt: Zum einen durch kleine Puzzles in der Umgebung, aber auch durch viele versteckte Gänge und Vorsprünge, hinter denen sich meistens Loot verbirgt. In der eigentlichen Mission begaben wir uns auf die Suche nach einem Expeditionsteam, das spurlos verschwunden zu sein schien. Wir kämpften uns durch die höhlenartige Struktur, die visuell durchaus zu gefallen wusste: „Avowed“ wird zwar keinen Schönheitspreis gewinnen (abgesehen von den sehr hübschen Charaktermodellen), doch grundsätzlich wirkte das Artdesign des „Pillars of Eternity“-Universums stimmig und passend. Als es dann in die ersten Kämpfe ging, hat uns „Avowed“ dann doch positiv überrascht: Tatsächlich spielen sich die Kämpfe deutlich dynamischer und auch kurzweiliger als befürchtet. Gerade der „Ranger“ war eine richtig coole Klasse und hatte auch richtigen Punch, als wir heraneilende Skelette mit einem aufgeladenen Pistolenschuss ins Jenseits befördert haben.
Warum noch einiges für das „Avowed“-Team zu tun ist
Allerdings müssen wir auch gestehen: Unsere Gameplay-Demo hat schon einige Schwachstellen offenbart. Vor allem die Gegner-KI hat noch richtig viel Luft nach oben. Zwar verhalten sich die einzelnen Monster sehr unterschiedlich, doch teilweise blieben Skelette eingefroren auf einer Stelle oder bewegten sich wie an der Schnur gezogen auf uns zu. Auch Kai, unser Kompagnon, stand teilweise nur in der Gegend rum, anstatt uns dabei zu helfen, eine Horde von Fieslingen zur Strecke zu bringen. Geholfen hat in diesem Zusammenhang auch nicht, dass das Spiel technisch nicht ganz sauber lief: Monster spawnten plötzlich vor uns oder verschwanden von einem Moment auf den anderen. Dafür, dass „Avowed“ nur „solide“ aussieht, scheint es hardwaretechnisch wohl recht hohe Anforderungen zu haben. Auch hier ist bis zum Release noch einiges zu tun.
Trotzdem hat uns der Anspieltermin zu „Avowed“ tatsächlich zuversichtlich gestimmt. Das mag angesichts der Kritikpunkte etwas paradox klingen, aber das Herz des Spiels scheint an der richtigen Stelle zu pochen. Denn die cleveren und witzigen Dialoge, das generelle World Design und die tatsächlichen Auswirkungen, die euer Handeln auch in einer kurzen Nebenquest hat, sind wirklich sehr gut gelungen. „Avowed“ ist eben ein echtes Obsidian-RPG und in puncto Storytelling macht dem Studio wirklich niemand etwas vor. Dass generell auch schon Kritikpunkte wie das Kampfsystem verbessert wurden, macht uns Hoffnung, dass die Verantwortlichen bis zum Release im Februar 2025 die Kurve bekommen und ein optimiertes Spielerlebnis bieten.
Den Gameplay-Deep-Dive zu "Avowed" seht ihr hier:
Fazit zum ersten Anspieltermin von „Avowed“ auf der Gamescom 2024
Wird „Avowed“ die nächste Rollenspiel-Enttäuschung für Xbox bzw. Microsoft? Wir glauben nicht! Trotz einiger technischer Probleme und der schwachen Gegner-KI, die Obsidian bis zum Release Anfang 2025 noch in den Griff bekommen muss, kann „Avowed“ in der Hauptdisziplin wirklich punkten. Das ist ein Vollblut-RPG mit einem dynamischen Charakter-System, sehr coolen Dialogen und Figuren, spaßigen Quests, in denen es viele alternative Pfade gibt und genau der richtigen Mischung aus Action und Erkundung. Eine leichte Skepsis bleibt trotzdem noch bestehen – hoffentlich können es Oblivion ihren Kritikern noch einmal zeigen, denn ein weiteres Studio, dass an der Entwicklung eines Traumprojektes zerbricht, braucht gerade wirklich niemand.
"Avowed" erscheint voraussichtlich am 18. Februar 2025 für Xbox Series X|S und PC