Nach dem Cliffhanger von Teil zwei warteten die Fans sehnsüchtig auf die dritte Fortsetzung des Netflix-Erotikhits "365 Days - Noch ein Tag". Denn "365" ist einfach so schlecht, dass man trotzdem hinschauen muss. Oder ist Teil drei anders? Haben sich die Produzent*innen etwa die Fan-Kritik in Bezug auf toxische Männlichkeit zu Herzen genommen?
Die ersten Minuten vom dritten Teil des Netflix-Erotikfilms "365 Days - Noch ein Tag" schließen an den Cliffhanger aus Teil zwei an. Laura (Anna Maria Sieklucka) wurde erschossen. Nun steht Massimo (Michele Morrone) vor einem Grab und BFF Olga (Magdalena Lamparska) weint um ihre Freundin. Es scheint, als wäre Laura verstorben. Doch Überraschung: Sie ist es nicht!
Damit kann auch Teil drei den Handlungsstrang (wenn man es denn so nennen möchte; tatsächlich werden in diesem Teil aber erstaunlich viele Worte gewechselt!) zwischen den leidenschaftlich Liebenden, Laura und Massimo, wieder aufnehmen. Na, ein Glück! Auch wieder mit dabei ist natürlich Massimos Erzfeind Nacho (Simone Susinna), der bereits in Teil zwei mit Laura anbändelte. Tja, und genau das ist nun das Thema des dritten Teils. Laura scheint sich in Nacho verliebt und von ihrem Ehemann Massimo entfernt zu haben. Darauf folgt ein knapp zweistündiger Eiertanz (wortwörtlich!), denn Laura ergründet das Für und Wider beider Männer.
"365 Days - Noch ein Tag": Die Macho-Männer zeigen Schwäche
Nachdem insbesondere der erste Teil harsch für die toxische Männlichkeit und Verherrlichung sexualisierter Gewalt kritisiert wurde, haben die Filmschöpfer*innen im dritten Teil "365 Days - Noch ein Tag" anscheinend versucht, es besser zu machen. Massimos Charakter lässt auf einmal Schwächen zu.
So startet der Film diesmal mit einer ungewohnt gefühlvollen Szene im Bett (ohne Sex!!!). Massimo möchte aufgrund von Lauras Schussverletzung nämlich lieber noch nicht mit ihr schlafen (vielleicht liegt’s aber auch daran, dass Lauras Frise nicht sitzt. Nachdem sie sich nämlich auf Olgas Anraten die Haare machen lässt, geht’s dann doch noch zur Sache). Außerdem trauert Massimo um seinen Zwillingsbruder und er verliert sogar beim Tennis (was ist denn da los?).
Vom starken, männlichen Ultra-Macho ist nicht mehr allzu viel übrig geblieben. Vielmehr verfällt er zunehmend den Drogen (noch eine Schwäche!). Die Transformation führt sogar so weit, dass Massimo ganz für sich alleine, unter der Dusche masturbieren muss… Der Arme, wie traurig!
"365 Days - Noch ein Tag": Toxische Männlichkeit adé?
Wird in diesem Teil also von toxischer Männlichkeit Abstand genommen? Vielleicht ein bisschen, ein gaaanz bisschen… Massimo zerschmettert natürlich trotzdem wutentbrannt das ein oder andere Glas und treibt es (beinahe) mit unterwürfigen BDSM-Arbeiterinnen im Club. Das Problem an Massimos neuer, weicher Seite: Laura hatte sich damals in einen gewalttätigen, dominanten Mafia-Boss ohne Skrupel verliebt. Ist ja wohl klar, dass sie an einem Mann mit Schwächen dann zunehmend das Interesse verliert. Aber auch in der Gunst der Zuschauer*innen verblasst Massimo als nichtssagender Schatten seiner selbst immer mehr. Tatsächlich hat er eigentlich kaum noch etwas zum Erzählstrang beizutragen.
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Dafür ist es nun Nacho, der Laura zu überzeugen zu scheint und auch bei den Zuschauer*innen Sympathiepunkte (ein paar, nicht viele) sammelt. Er kommuniziert seine Gefühle gegenüber Laura offen – "Ich glaub, ich liebe dich" (Zumindest so weit es ihm eben möglich ist). Er ist nicht gewalttätig-dominant, dafür aber romantisch-gefühlvoll und scheint Laura im Gegensatz zu Massimo zu nichts zu zwingen, er lässt ihr die Wahl. Naja, bis er sie dann doch noch inkognito als vermeintlicher Chauffeur abfängt und sie zu überreden versucht, damit sie sich für ihn entscheidet. Aber der Versuch war da, wirklich!!!
"365 Days - Noch ein Tag": Soll das Feminismus sein?
Die Filmschöpfer*innen haben offenbar auch den Versuch gestartet, die Frauen im Film stärker zu emanzipieren. Laura, die ehemals gestandene Karrierefrau, zieht während der Liebeskrise wieder ihr eigenes Ding durch. "Meine Ehe ist im Arsch, dann will ich jetzt wenigstens meine Karriere retten!", erklärt sie. Wenn Massimo sie im Club fragt: "Seit wann gehst du ohne mich feiern?", antwortet sie spöttisch: "Seit ich 18 bin" (Ohooo, war das etwa witzig?).
Auch Freundin Olga scheint den Spieß umgedreht zu haben, denn die ist zwar frisch verlobt, lässt aber absolut nichts anbrennen. So steht sie den Macho-Männern im Film mittlerweile eigentlich in Nichts mehr nach. Geiert unverschämt mal hier, flirtet aufdringlich mal dort und pfeift dann sogar einem Surfer obszön nach. Unter Feminismus scheinen die Produzent*innen offenbar eher toxische Weiblichkeit zu verstehen.
Wie auch immer, Olga scheint sowieso noch ganz andere Probleme zu haben. Die tankt sich nämlich permanent die Hucke voll, kippt schon morgens früh den Sekt aus der Flasche. Es wird sogar so schlimm, dass Laura die Schnapsdrossel wegsperren lässt (Tooooxic). Aber kein Problem, das ist schnell vergessen! Der Grund für Olgas Alkoholismus? Vielleicht ja das wiiiirklich überreizte Pop-Song-Musikvideo-Feeling des Films… Aber was wäre "365 Days" auch ohne? Vermutlich: Noch weniger!
"365 Days - Noch ein Tag": Immerhin die Sexszenen halten, was sie versprechen
Zumindest die Softporno-Fans kommen auch in diesem Teil auf ihre Kosten, denn auch wenn der Film sextechnisch ungewohnt langsam startet (erst ab Minute 10 geht’s los!), bieten immerhin Lauras Sexfantasien Potential. Immer wieder träumt die nämlich vom heißen Liebesakt mit Nacho (wirklich hot!). Und sie fantasiert auch – und das ist im bisher genutzten "365"-Stereotype-Universum tatsächlich überraschend – von einem Dreier mit Nacho und Massimo. Die beiden Männer küssen sich dabei sogar leidenschaftlich mit Zunge – das ist doch wirklich mal was Neues!
Von Maris Schaper
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