In seiner über 50 Jahre andauernden Karriere hat Steven Spielberg nie ein Musical inszeniert. Das ändert sich nun mit „West Side Story“. Doch wie gut ist die Neuauflage des berühmten Bühnenstückes geworden?
2021 war ein gutes Jahr für Fans von Musical-Filmen. Mit „In the Heights“, „Dear Evan Hansen“ und „Everybody's Talking About Jamie“ gab es gleich drei große Verfilmungen von beliebten Bühnenstücken. Den Abschluss macht nun der wohl am heißesten erwartete Film: „West Side Story“ von Regie-Meister Steven Spielberg.
Spielberg hat in seiner Karriere insgesamt über 35 Filme inszeniert und sich dabei nie auf ein Genre beschränkt. Vom herzlichen Kinderfilm wie „BFG – Big Friendly Giant“ über die Abenteuer-Klassiker der „Indiana Jones“-Reihe und Kriegsfilmen wie „Der Soldat James Ryan“ bis hin zum Horror-Meisterwerk „Der weiße Hai“ ist so ziemlich alles vertreten – außer ein Musical. Dementsprechend waren Filmfans sehr gespannt, wie seine Neu-Interpretation von „West Side Story“ ausfällt, jenem Stück, welches die klassische „Romeo und Julia“-Geschichte ins New York der 50er-Jahre verfrachtet.
West Side Story: Die Geschichte
Doch statt der Montagues und Capulets bekämpfen sich dieses Mal die Straßengangs der Jets und der Sharks. Während die ersteren aus US-amerikanischen Teenagern bestehen, tummeln sich bei den Sharks puerto-ricanische Einwanderer rund um den Boxer Bernardo (David Alvarez).
Beide Gruppen suchen ihren Platz in der Gesellschaft, halten die jeweils anderen aber für ein Hindernis. Bei einer Tanzveranstaltung lernen sich Tony (Ansel Elgort), einer der beiden Anführer der Jets, und Maria (Rachel Zegler), die Schwester von Bernardo, kennen und verlieben sich ineinander. Doch wer die Shakespeare-Geschichte kennt weiß, dass diese Liebe kein gutes Ende nehmen kann.
West Side Story: Beschwingte Gesangs- und Tanzeinlagen
Direkt zu Beginn wird klar, dass Spielberg optisch und musikalisch hier einen ganz großen Film abgeliefert hat. Die Kamera von Janusz Kaminski fliegt förmlich durch das New Yorker-Viertel, während die Jets sich sammeln. Als die Gang durch die Straßen zieht, beginnt auch sofort die erste Tanzsequenz. Hier wird direkt klar, dass es hier keine modernen Elemente in den Film schaffen.
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Viel mehr erinnern die Choreographien der Jets an klassisches Ballett, während die der Sharks an typische Lateinamerikanische Tänze angelehnt sind. Beides ist für sich genommen wunderschön anzusehen, doch sobald die beiden Gruppen aufeinandertreffen, bricht Chaos aus, diese beiden Welten scheinen nicht zueinander zu passen.
West Side Story: Zu viel der Klassik?
Dieser Hang zur klassischen Inszenierung zieht sich durch den gesamten Film. Die Kostüme und Sets sind alle auf dem höchsten Niveau. Der gesamte Film sieht aus, als ob er tatsächlich in den 50ern im Technicolor-Verfahren gedreht wurde, bis hin zu manchmal etwas unwirklich wirkenden Hintergründen. Auch die Darsteller:Innen-Riege verschreibt sich komplett dem Retro-Gefühl, ohne allerdings in zu krasses Overacting abzudriften.
Dieser komplette Wille, die 50er wieder aufleben zu lassen, ist bemerkenswert, hat aber auch seine Tücken. Mit rund 2 ½ Stunden ist der Film nicht gerade kurz – und auch wenn viele Songs wie „Cool“ oder „Maria“ in der Musical-Welt zu Recht als Klassiker gelten und ihre Inszenierung famos ist, fühlen sie sich im größeren Story-Kontext nichtig und redundant an.
West Side Story: Fazit
Spielbergs „West Side Story“ fühlt sich viel mehr nach einem „Singin' in the Rain“ als einem „In the Heights“ an. Für Fans vom klassischen Musical-Kino ist es ein absolutes Fest, während diejenigen, die modernere Filme bevorzugen, eher ihre Schwierigkeiten haben werden. Es ist kein Klassiker im modernen Gewand geworden, sondern viel mehr ein äußerst werkgetreue Adaption des Stoffes. Es ist großes Kino, aber sicherlich nicht für jeden.