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The Looming Tower: "Sie haben die Gefahr unterschätzt!" | Interview mit Tahar Rahim und Dan Futterman

Ein amerikanischer Held: In "The Looming Tower" spielt Tahar Rahim den FBI-Agenten Ali Soufan, der Al-Qaida gefährlich nah kommt. TVMovie.de sprach mit ihm und Showrunner Dan Futterman exklusiv über die verkannte Gefahr, trinkende Agenten und den richtigen Zeitpunkt, um eine Serie über den 11. September 2001 zu veröffentlichen.

"The Looming Tower" Pic
Vor der Anklagebank: Im Interview mit TVMovie.de sprachen "The Looming Tower"-Produzent Dan Futterman und Darsteller Tahar Rahim über die verkannte Gefahr, die von Al-Qaida ausging. Foto: Amazon Prime
Dan Futterman Tahar Rahim
Dan Futterman (l.) und Tahar Rahim (r.)          Getty Images / Amazon

TVMovie: Warum ist "The Looming Tower" auch heute noch relevant?

Dan Futterman: Es gibt zwei Dinge, die für Autor Lawrence Wright und mich sehr wichtig sind. Das eine war die mangelnde Kooperation und diese Kluft zwischen den zwei größten Geheimdiensten der Welt. Ich denke, dass diese Tatsache auch heutzutage auf eine andere Art und Weise fortbesteht: Zwar soll der Informationsfluss zwischen den beiden Geheimdiensten mittlerweile deutlich besser sein, doch die Kluft in der amerikanischen Bevölkerung ist größer als je zuvor. Ich weiß selbst nicht, wie die Zukunft aussehen soll und wir wieder auf einen gemeinsamen Nenner kommen. 

Außerdem war es uns sehr wichtig die Geschichte dieses muslimischen Einwanderers aus dem Libanon zu erzählen, der FBI-Agent und ein echter Held war. Der alles dafür tat, um die USA zu beschützen und heutzutage wahrscheinlich nicht einmal mehr die Möglichkeit hätte ins Land einzureisen. 

Woher rührt eigentlich dieser Konflikt zwischen dem CIA und dem FBI?

Dan Futterman: Zu jener Zeit durfte das FBI erstmals auch im Ausland agieren, was eigentlich das CIA-Hochheitsgebiet war. Einige Mitglieder des CIA sahen diese Veränderung äußerst kritisch. Das FBI hat seine Befugnis sehr aggressiv ausgeweitet, jedoch aus einem guten Grund: Es waren eben Verbrechen gegen amerikanische Staatsangehörige, die schnell verfolgt und aufgeklärt werden sollten. Ein Teil des Problems liegt sicher auch auf einer persönlichen Ebene, aber der andere Teil war eben das institutionelle Dilemma: Die CIA sollte eben hochsensible Informationen sammeln und diese Information an die Exekutive liefern während das FBI nach gesuchten Persönlichkeiten fandet, diese festnimmt und vor Gericht stellt. Diese zwei Verwaltungsebenen passen eben nicht gut zusammen. Unser Autor Lawrence Wright hat durch seine Recherchen das Gefühl, dass eine Menge der Differenzen zwischen dem FBI und CIA mittlerweile aufgearbeitet wurden.

Ein Aspekt, der in den ersten zwei Folgen erwähnt wird, lässt mich nicht los: Es gab 1998 gerade einmal acht arabisch-sprechende Agenten bei über 1.000 Mitarbeitern beim FBI. Hat man die damalige Bedrohung durch Al-Qaida unterschätzt?  

Dan Futterman: Sie haben die Bedrohung total unterschätzt! Die Martin Schmidt-Figur, die sozusagen die Essenz aus mehreren CIA-Persönlichkeiten ist, hat die Gefahrenlage nicht verkannt. Andere hochrangige Mitarbeiter bei der CIA haben die Lage ebenfalls richtig eingeschätzt. Insgesamt war die CIA etwas besser besetzt und ausgestattet. Aber das FBI hatte gerade erst begonnen als internationale Organisation zu arbeiten. Das war auch ein Teil des Problems im Konflikt mit der CIA: Das CIA hat die internationale Bühne für sich beansprucht, während das FBI für die USA zuständig sein sollte. Viele Mitarbeiter beim FBI hatten wegen des Kalten Krieges noch osteuropäische Wurzeln bzw. Sprachkenntnisse.

Tahar ist so eine spannende Figur: Er ist Muslim, ein knallharter Trinker und hat gleichzeitig eine ganz eigene Vorstellung von Glauben. Sind diese Dinge nicht ein Gegensatz?

Tahar Rahim: Der Gegensatz in Ali Soufan liegt woanders, nämlich Zwischen seiner amerikanischen und arrabischen Kultur. Beim Kampf gegen Al-Qaida wird er immer wieder daran erinnert, dass er für seine Glaubensbrüder eine Art Verräter ist, auch wenn er das natürlich überhaupt nicht ist. Außerdem muss er sich in die amerikanische Gesellschaft reinleben und weiterentwickeln. Obwohl er zu Beginn der Serie sagt, dass er nicht gläubig ist, wird die Religion für ihn im Laufe der Serie immer wichtiger. Je mehr die Terroristen seine Religion missbrauchen, desto mehr wendet er sich ihr zu. Es gibt einen Ali Soufan. Dieser amerikanische Held existiert. Er ist Muslim, er ist arabisch, aber sein Heimat ist die USA. Und er ist ein echter Patriot. Diese Art von Held habe ich in der TV-Landschaft bisher noch nicht gesehen. 

The Looming Tower Soufan ONeill
John O'Neill (Jeff Daniels) und Ali Soufan (Tahar Rahim)          Amazon

Haben Sie sich für die Rolle auch die Bücher von Ali Soufan gelesen, die er nach 9/11 geschrieben hat?

Tahar Rahim: Ja, ich habe "The Black Banner" gelesen. Lawrence Wrights Vorlage und natürlich auch das Drehbuch. Es war so gut geschrieben, dass ich als Darsteller soviel zu tun hatte. Ich habe außerdem mehrmals mit Ali Soufan gesprochen. 

In dieser Serie wissen wir ja bereits, was auf uns zukommt: Macht es diese Tatsache schwieriger eine spannende Geschichte zu erzählen?  

Dan Futterman: Es gibt viele historische Filme, bei denen man im Vorfeld schon weiß, wie sie enden werden. Letztendlich macht genau das aber auch einen Teil der Spannung aus. Die Gewissheit der bevorstehenden Katastrophe bei "The Looming Tower" ist eben ein Teil der Dramaturgie. Die Figuren in "The Looming Tower" stehen vor diesem Puzzle, das sie verzweifelt versuchen zusammenzusetzen. Es ist gerade deshalb so nervenaufreibend dabei zuzusehen, weil man um die Konsequenzen weiß.

In der zweiten Storyline geht es um die Al-Qaida-Mitglieder, die bspw. in die USA eindringen. Hätte das FBI davon gewusst, hätten sie etwas dagegen unternehmen können. Diese Einflüsse kreieren eine ganz eigene Atmosphäre der Anspannung, die ziemlich effektiv ist. 

Was war der Grund so viel Archivmaterial in der Serie zu verwenden?

Dan Futterman: Das war für Alex Gibney unglaublich wichtig und ich war fasziniert von der Idee nicht nur zwischen den Szenen Archiv-Material einzubinden, sondern auch direkt in den gedrehten Szenen. Weil Alex schon sehr lange ein großer Name in der Dokumentarfilm-Welt ist und viele Kontakte in der Szene hat, war es ihm möglich an sehr seltene Archivaufnahmen vom FBI und Osama Bin Laden zu kommen. 

Die Aufnahmen vom ABC-Interview mit Osama Bin Laden mit John Miller sind so seltsam und schockierend. Besonders, wenn man ihn zum ersten Mal in diesen starren Aufnahmen sieht, auf denen er sich ausnahmsweise nicht total selbst inszeniert gegenüber der Kamera. Für mich sind diese Aufnahmen jedes Mal aufs Neue schockierend.

 

Der Vorwurf, dass die Geheimdienste nicht das tun, was sie eigentlich tun sollen, hat natürlich in der Ära Trump eine ganz neue Ebene erreicht. Plötzlich kritisiert der Präsident ganz öffentlich die Geheimdienste, wenn auch in einem ganz anderen Kontext. Ist diese Aktualität in irgendeiner Weise unangenehm?  

Jeder weiß, was los ist. Heutzutage. Die Meisten verstehen den Hintergrund dieser sinnlosen Vorwürfe. Ein großes Problem derzeit ist die Tatsache, dass wir alle in unseren eigenen Blasen leben. Ein Teil der Bevölkerung vertraut auf FoxNews während der Andere nur MSNBC schaut. Es gibt niemanden in der Medienwelt, dem alle vertrauen würden. Ich hoffe, dass die Menschen den Unterschied von dem verstehen, was die Serie aussagt gegenüber dem, was der Präsident derzeit von sich gibt.

Text & Interview: David Rams



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