Mit „Oxenfree II“ erscheint die Fortsetzung des Kultspiels aus 2016. Doch kann ein „Walking Simulator“ heute noch überzeugen? Das erfahrt ihr in unserer Kritik.
Die zweite Hälfte der 2010er-Jahre hatte in der Videospielbranche einen interessanten Begriff hervorgebracht: Ein ganzer Haufen an Spielen wurde „Walking Simulator“ genannt. Der Begriff wurde häufig abfällig genutzt, da so die vermeintliche zentrale Gameplay-Komponente ad absurdum geführt wurde. Denn häufig machte man wenig anderes, als von Punkt A nach Punkt B zu gehen. Die andere Bezeichnung, die sich für dieses Genre etablierte, trifft da den Kern schon eher: „Narrative Adventure“, oder zu deutsch „erzählerische Abenteuer“, wie „Firewatch“ oder „What Remains of Edith Finch“ überzeugten nicht mit bombastisch inszenierten Kämpfen oder süchtig machenden Mechaniken, sondern zogen ihre Spieler:innen durch ihre Geschichte in den Bann. Dieses Spiele sind allerdings seit längerer Zeit kaum noch relevant, aber eines der großen Highlights war „Oxenfree“ aus dem Jahre 2016 – was nun eine Fortsetzung bekommt.
„Oxenfree II: Lost Signals“: Darum geht es
Im ersten Teil wurden Alex und ihre Freunde auf Edwards Island Opfer eines Angriffes aus dem Jenseits. Die ehemalige Besatzung eines U-Bootes wurde durch eine Reaktor-Explosion in einer alternativen Dimension gefangen – und diese Geister wollen über die Teenager und spezielle Portale, welche mit einem Radio geöffnet werden können, wieder in unsere Welt gelangen.
Die Grundidee der unheimlichen Dimension jenseits von Zeit und Raum bildet auch die Grundlage für „Lost Signals“. Ihr spielt Riley, die gerade in ihren Heimatort Camena zurückgekehrt ist. Hier möchte sie mit ihrem ehemaligen Mitschüler Jacob bei Umweltforschung helfen, doch schon bald wollen seltsame Radiofrequenzen überprüft werden. Und nicht unweit von der verschlafenen Stadt entfernt liegt Edwards Island …
Da auch „Oxenfree II“ seine Faszination aus der Geschichte mit all seinen Kulten, vielschichtigen Neben-Figuren und Wendungen zieht, soll zu dem weiteren Plotpunkten nicht viel mehr verraten werden. In den knapp fünf Stunden, die man fürs geradlinige Durchspielen braucht, verschwimmen die Grenzen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft immer mehr und es werden wichtige Themen angesprochen: Wie geht man mit Trauer um? Wie beeinflussen unsere Beziehungen zu anderen Personen unsere Entscheidungen? Darf ein Mensch über das Leben eines anderen entscheiden?
„Oxenfree II“ findet einen cleveren Weg, wie ihr euch diesen Fragen nähert. Riley hat verhältnismäßig wenige vorgegebene Dialoge. Die meiste Zeit seid ihr damit beschäftigt, anderen Menschen zu antworten. Dabei gibt es viele verschiedene Möglichkeiten: Seid ihr pampig und lügt, oder ehrlich und mitfühlend? Die Entscheidungen liegen stets bei den Spielenden.
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„Oxenfree II: Lost Signals“: Das hat das Spiel mit „Twin Peaks“ gemein
Und auch wenn der grundlegende Ablauf der Ereignisse ungefähr gleich bleibt, habt ihr doch einen enormen Einfluss auf das Spielgeschehen. Je nachdem, wo ihr zuerst hingeht und wie ihr auf eure Mitmenschen reagiert, können sich mehrere ganz unterschiedliche Erzählungen entwickeln. Das macht auch einen Großteil des Wiederspielwertes aus – auch wenn einige Rileys Horrornacht vielleicht nicht noch mal erleben wollen.
Denn „Oxenfree II“ lässt sich atmosphärisch ziemlich gut mit der Kultserie „Twin Peaks“ vergleichen. Beide Werke schaffen es, eine stete Anspannung zu erzeugen – nicht nur durch die hervorragende Musik, sondern auch durch gruselige Vorkommnisse, die sich weder von den Figuren, noch den Konsument:innen erklärt werden können. Im Gegensatz zur David Lynch-Show bedient sich „Oxenfree II“ jedoch auch klassischen Horror-Elementen, wie zum Beispiel Jump Scares. Die funktionieren meistens fantastisch, kommen unerwartet und machen zusammen mit dem Rest das Spiel zu einer brillanten Grusel-Erfahrung.
„Oxenfree II: Lost Signals“: Was man außer Reden noch so macht
Wer sich nicht durch die Geschichte und die toll vertonten Dialoge einfangen lässt, wird es vermutlich auch nichts durchs Gameplay. Während der Dialoge seid ihr meist damit beschäftigt, durch die Wälder und Berge von Camena zu laufen und den Weg zum nächsten Storypunkt zu finden. Das ist nur an den Stellen fordernd, an denen ihr die Aufforderung überseht, einen Knopf zu drücken. Das hat sich spätestens dann erledigt, wenn ihr die gleiche Stelle wieder passiert – denn an einigen Stellen werdet ihr mehr als nur ein paar mal vorbei kommen. Immerhin kann man sie die wunderschönen Hintergründe bestaunen, die oftmals an Kinderbücher erinnern und im starken Kontrast zum eigentlichen Geschehen stehen. Zwischendrin müsst ihr am Radio richtige Frequenzen finden oder kleinere Rätsel lösen. Optional könnt ihr euch unterwegs noch auf die Suche nach Briefen machen, die mehr über die Vergangenheit des Ortes verraten.
„Oxenfree II: Lost Signals“: Fazit
Das alles ist spielerisch nicht fordernd, aber unterstützt den stärksten Punkt von „Oxenfree II: Lost Signals“: die Atmosphäre. Kein Game in diesem Jahr hat es bisher geschafft, die Spieler:innen mit Spannung vorm Fernseher zu bannen, bis der Abspann läuft. Da kann man es schon verkraften, wenn man nicht im Sekundentakt auf die Knöpfe des Controllers einhaut. Davon hätten wir gerne wieder mehr, wir würden uns über eine Rückkehr der „Walking Simulator“ sehr freuen. Wer jedoch nach einer actionreichen Unterhaltung sucht, sollte von „Oxenfree II“ eher Abstand halten.
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