In über 80 Filmen hat Benno Fürmann schon mitgewirkt. Doch der kompromisslose und größenwahnsinnige Nazi-Führer, den er in Dietrich Brüggemanns „Heil“ verkörpern darf, hat auch den erfahrenen deutschen Ausnahmedarsteller für einige Momente sprachlos gemacht. Im Gespräch mit TV-Movie.de beim Karlovy Vary Film Festival zeigte sich Fürmann jedoch nicht nur in bester Redelaune, sondern traf mit seinen ungeschönten Aussagen auch mitten ins Schwarze.
Es gibt fast nichts in der beeindruckenden Karriere von Benno Fürmann, was der 43-jährige Darsteller nicht in irgendeiner Form gespielt hättte: Egal ob als Box-Legende Bubi Scholz in seiner Durchbruchsrolle in "Die Bubi Scholz Story", Bergsteiger Toni Kurz in "Nordwand" oder an der Seite von Franka Potente in "Der Krieger und die Kaiserin": Fürmann hat jeder Figur seinen ganz eigenen Stempel aufgedrückt. Bei der Premiere von „Heil“ beim Filmfestival in Karlovy Vary wirkt der Darsteller demnach auch sehr gereift, auch wenn ihn seine neue Rolle durchaus in die Schlagzeilen gebracht hat.
Was es für solch einen profilierten Darsteller bedeutet, als Nazi-Führer Sven aufzutreten, der mit einer Horde von rechten Anhängern den wahnwitzigen Plan schmiedet in Polen einzumarschieren, konnte uns Fürmann im Gespräch berichten. Vorbehalte gegenüber stereotypen Nazi-Figuren hatte der Darsteller in der Vergangenheit allzu häufig: „Bezüglich Nazi-Rollen hab ich in meiner Karriere viele Kelche an mir vorbeigehen lassen. Ich muss bei einer amerikanischen Produktion nicht der 10.000 Nazi sein, der ‚Achtung Heinrich, der Jude kommt‘ in die Kamera brüllt, wenn meine Rolle weiter keine Tiefenschärfe hat.“
Doch als Regisseur Dietrich Brüggemann Benno Fürmann für die Hauptrolle in seiner Nazi-Satire anrief, traf das beim Darsteller den richtigen Nerv: „Dietrich hat mich über die Agentur kontaktiert und mir am Telefon sein Projekt vorgestellt. Ich war grad am Sushi essen und mir ist vor Fassungslosigkeit die Sojasauce auf mein Hemd getropft. Ich finde das Projekt sehr anarchisch und stimmig. Auf eine kraftvoll überzogene Art hält Dietrich der Gesellschaft und dem Umgang mit einem Phänomen einen ziemlich wahrhaftigen, wenn auch oftmals hässlichen Spiegel vor.“
Und so wie er eben auch einen Bubi Scholz spielen möchte, so möchte er auch in vollster Überzeugung einen Nazi spielen dürfen: „Wenn ich dann aber sage, ich spiele einen Nazi, dann spiele ich auch einen Nazi. Das ist ja auch irgendwie erfrischend. In mir steckt ja auch ein kleiner Nazi. In jedem von uns steckt ein kleiner Nazi, weil wir alle diese Sehnsucht nach Größe, Glanz und Gloria mit uns tragen.“ Gerade deshalb sei es für Fürmann wichtig, den momentanen gesellschaftlichen Resentiments gegenüber Ausländern und Flüchtlingen aktiv zu begegnen.
Eine der wichtigsten Waffen sieht der Darsteller dabei im Humor: „Es gibt nichts Schlimmeres als in Schockstarre zu verfallen. Wenn du lachst, bedeutet das, dass du einen Zugang zu etwas hast. Dass es lebt. Dass man damit arbeiten kann. Dass es sich um eine lebendige Energie handelt. Und du bist im Austausch mit Dingen. Solang du starr bist, hast du Sachen nicht verarbeitet, sondern erfrierst beim bloßen Gedanken daran.“ Starke Worte eines starken Typen. Ab 16.07.2015 ist Fürmann in der Nazi-Satire „Heil“ in den deutschen Kinos zu sehen.