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„Hamilton“: Kommt noch ein Kinofilm? | Interview mit Lin-Manuel Miranda

Das Musical „Hamilton“ hat in seiner ersten Übersetzung in Hamburg Premiere gefeiert. Wir trafen den Schöpfer des Stückes und Disney-Songschreiber Lin-Manuel Miranda zum Interview.

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„Hamilton“: Kommt noch ein Kinofilm? | Interview mit Lin-Manuel Miranda
Wir trafen uns mit „Hamilton“-Schöpfer Lin-Manuel Miranda zum Interview in Hamburg. Foto: Stage Entertainment

Es ist nicht mal ein Jahr her, dass scheinbar die ganze Welt einen Ohrwurm von „We don't talk about Bruno“ aus dem Disney-Film „Encanto“ hatte. Während dies für viele überraschend kam, wussten Eingeweihte bereits, dass die Musik des Films etwas besonderes wird – denn Lin-Manuel Miranda hat sie geschrieben.

Der US-amerikanische Autor, Schauspieler und Regisseur („Tick, Tick...Boom!“) wurde der Theater-Welt durch das Stück „In the Heights“ bekannt, welches letztes Jahr verfilmt wurde. Doch der große Durchbruch gelang ihm mit „Hamilton“ - ein Musical, in dem die Geschichte eines Gründervaters der USA durch Hip-Hop und Rap erzählt wird. Dies wurde nun erstmals übersetzt. Warum gerade Deutschland dafür ausgewählt wurde und ob es vielleicht bald eine Verfilmung des Stoffes gibt, erklärte Miranda uns im Interview.

TVMovie.de: Hast du jemals geglaubt, mal in einem nicht-englischsprachigen Land zu sitzen, als du Hamilton geschrieben hast?

Lin-Manuel Miranda: Natürlich, als ich Hamiltons Biografie gelesen hatte wusste ich direkt, ich würde mal in Hamburg sein. Nein, natürlich nicht (lacht). Diese Freude blieb mir auch mit „In the Heights“ verwehrt, da gab es nur ein paar unabhängige Produktionen. Also war es sehr spannend. Außerdem war es das erste Mal, dass ich „Hamilton“ gesehen habe und den Text nicht kannte! Das ist eine Erfahrung, die jeder hatte außer mir. Das war wirklich aufregend.

TVM.de: Wie kam es eigentlich dazu, dass die Übersetzung von „Hamilton“ auf Deutsch ist? Immerhin gilt sie als nicht gerade einfache Sprache.

Miranda: Der erste Grund ist ökonomischer Natur. Es gibt lediglich zwei Städte in Europa, die ihre Musical-Theatern unterstützen: London und Hamburg. Es gibt hier einige lang laufende Shows, das ist nirgendwo anders in Deutschland oder der gesamten Welt Normalität. Der zweite Grund ist dass meine Familie zum Teil Deutsch spricht. Der Vater meiner Frau kommt aus der dominikanischen Republik, aber ihre Mutter ist aus Salzburg, kurz hinter Salzburg. Es ist also eine Sprache, die meine Kinder mit ihrer Oma assoziieren. Das war eine andere Sache, die bei der Premiere so aufregend war, es war im Grunde eine kleine Familienzusammenkunft. Alle sind nach Hamburg gekommen, um die Show zu sehen. Es gibt Cousins, die de Show nun zum ersten Mal gesehen haben! Und ich habe gesehen, wie sich Tränen weggewischt wurden, das war unglaublich.

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TVM.de: Aber wie seltsam war es denn am Ende, diese Songs in einer anderen Sprache zu hören?

Miranda: Tatsächlich gar nicht so seltsam. Da ich die Produktion kenne, habe ich automatisch auf andere Dinge als den Text geachtet. Dabei ist mir aufgefallen, wie fantastisch die Arbeit meiner Kollaborateure ist. Von den Arragnements, über die Choreographie bis hin zu der Beleuchtung, die alle rund 70 Szenen perfekt inszeniert. Und ich habe natürlich gemerkt, dass alle an den gleichen Stellen gelacht und geweint haben, also scheint es zu funktionieren.

TVM.de: Das ist auch etwas was mich gewundert hatte. Als die ersten Songs auf Deutsch veröffentlicht wurden las man plötzlich von Englisch-sprachigen Personen, dass sie es sich angucken werden, obwohl sie kein Wort verstehen werden. Und ich hatte mich nur gefragt: Wieso?

Miranda: Es ist unglaublich, wie viele Menschen das Stück auswendig gelernt haben. Es hat einfach sehr viele Wörter hat, wodurch das alleine schon ein Kunststück ist. Ich glaube, dann ist es einfach eine interessante Erfahrung für Leute, die jedes Wort kennen, das Stück auf eine andere Art und Weise zu erleben. Natürlich wird es für Deutsch-sprechende noch zehn Andere Ebenen an Bedeutung haben. Aber als ich zum Beispiel bei der Premiere saß, hat mein Vater während „Yorktown“ geweint. Er spricht aber kein Wort Deutsch. Es gibt etwas an diesem Stück, was Sprachbarrieren überwindet, das habe ich in Aktion gesehen. Ich hätte es vorher aber auch nicht geglaubt, aber ich bin Zeuge.

TVM.de: es ist unglaublich, was Musik so bewegen kann. Aber wie lange hat die Arbeit an der deutschen Version gedauert? Und was war deine Rolle dabei?

Miranda: Als erstes muss ich dem deutschen Team ein Lob aussprechen, einen deutschen Rapper nebst einem Autoren für die Übersetzung zu engagieren. In 2009 hatte ich einen Job als Übersetzter. Ich sollte „West Side Story“ auf spanisch übersetzen. Stephen Sondheim kam zu mir und meinte: „Ich spreche kein Spanisch. Gehe sicher, dass es sich an den gleichen Stellen reimt, sodass mein Ohr es mitbekommt, was, nebenbei bemerkt, nicht leicht ist. „I feel Pretty“ hat zum Beispiel ein sehr komplexes Reim-Schema. Also wusste ich, was das für eine Herausforderung wird.

Die deutsche "Hamilton"-Produktion bei der Premiere in Hamburg Foto: Stage Entertainment

Aber ich habe es ähnlich gehandhabt. Ich spreche kein Deutsch, aber es soll sich an den gleichen Stellen reimen, wenn es möglich ist. Aber über allem sollte es sich realistisch anfühlen, so als ob Menschen miteinander reden, darauf hatte ich in der Originalversion sehr geachtet. Sie hatten zu erst drei Songs als eine Art Konzept, danach ging die Arbeit dann drei Jahre. Unser Mittelsmann war Kurt Crowley, der unser Assoiciate Conductor am Broadway ist. Er hat im Endeffekt Deutsch gelernt, um vermitteln zu können. Wir wurden alle drei Monate zusammengerufen, da es neue Songs gab. Wir sind dann zwei Stunden lang vier oder fünf Songs durchgegangen.

Dabei gab es drei Reihen: Meine Texte, die deutsche Übersetzung, und die wörtliche Übersetzung der deutschen Version ins englische. Also haben wir uns dann angeguckt, ob zum Beispiel die Metaphern vielleicht zu weit weg vom Original sind. Es gab einiges Hin und Her, zum Beispiel wenn ein Sprichwort schwer zu übersetzen war. Es gibt viele verbale Motive im Stück, die immer wieder auftauchen, aber unterschiedliche Bedeutung haben, wie „Shot“ oder „Satisfied“. Dafür in einer anderen Sprache ein Äquivalent zu finden, die man auch in der zweiten Hälfte wiederfindet, war enorm schwierig.

TVM.de: Was für Schwierigkeiten glaubst du wird ein Stück wie „Hamilton“ außerhalb der USA und England haben?

Miranda: Ich glaube, die Herausforderungen sind die gleichen. Mir wurde mal gesagt, das es die schlechteste Idee aller Zeiten für ein Musical wäre. Aber am Ende hat es funktioniert. Die Leute wurden mitgerissen, weil die Geschichte so unglaublich ist. Und damit haben wir es geschafft, das Stück auf die Bühne zu bringen. Es geht nur darum, den Leuten klarzumachen, dass sie nichts über amerikanische Geschichte wissen müssen, um die Show zu genießen. Ich weiß nichts über Frankreich, aber ich weine jedes mal, wenn ich „Les Misérable“ sehe. Und darin geht es nicht mal um die französische Revolution, die man in den USA in der Schule durchnimmt. Man muss also nur die Leute durch die Tür bekommen, der Rest funktioniert von alleine.

TVM.de: Ich dachte nur, dass wir in Deutschland Musicals oft als eine Art Familien-Sache sehen, auch durch die Disney-Produktionen. Und „Hamilton“ ist jetzt eigentlich kein Stück, in das man seine Kinder mitnimmt.

Miranda: Das hätte ich vor unserer Premiere auch gedacht. Aber es gibt Eltern, die mir erzählen, sie wären in das Lehrerbüro zitiert worden, da ihr Kindergarten-Kind sang: „ I will kill your friends and family to remind you of my love“ [Anmerkung der Redaktion: „Ich werde eure Freunde und Familie umbringen, um euch an meine Liebe zu erinnern“, ein Zitat von König George aus dem Stück]. Kinder können sich das Stück besser merken als jeder andere. Und es gibt so viele Schüler*innen, die es sich zur Aufgabe machen, die Show auswendig zu lernen. „Wie schnell kannst du 'Guns & Ships' rappen?“ Ich erinnere mich da an meine Kindheit. Da haben wir versucht, als erstes Billie Joel's „We Didn't Start the Fire“ auswendig zu lernen. Etwas an dem Stück spricht zu jungen Menschen, was mich selbst überrascht hat.

TVM.de: Gerade als Regisseur von „Tick, Tick...Boom“ hast du mehr Erfahrung im Filmbereich gesammelt. Wird es also vielleicht noch eine Adaption von „Hamilton“ im Kinoformat geben?

Miranda: Ich habe es nicht eilig mit einer Filmadaption. Vor allem, da es eine fantastische Aufnahme auf Disney+ gibt, mit dem originalen Cast. Es ist so selten, dass man seine ursprüngliche Intention von der Bühne in ein Filmformat übertragen bekommt, deshalb bin ich darauf sehr stolz. Ich habe immer gesagt, es bräuchte einen Regisseur mit einer verdammt großartigen Vision, wie man es in neuer Art und Weise umsetzen könnte, um mich zu überzeugen. Ich bin dafür offen, aber einen passenden Vorschlag hab ich noch nicht gehört.

 

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