Andrew Ahn ist Regisseur der queeren Liebeskomödie „Fire Island“. Im Interview erzählt er uns, warum es ihm wichtig ist, authentische Filme zu drehen und was ihn an seinem neuen Filmprojekt besonders fasziniert.
Andrew Ahn ist wie ein Ruhepol. Im Interview wirkt er sehr gelassen, spricht langsam und nimmt sich für seine Antworten Zeit. Der Filmemacher, der an der Brown University und dem California Institute of Arts studiert hat, war bislang für seine Regie bei den Filmen „Spa Night“ und „Driveways“ bekannt. Auch für die Streamingplattform Netflix war er unter anderem als Regisseur für Dokumentarfilme involviert. Doch in seinem neusten Projekt geht es wieder in eine andere Richtung: Für Disney+ drehte er nämlich die romantische Komödie „Fire Island“.
Die gleichnamige Insel ist das Partyziel für queere Menschen an der Ostküste der USA. Im Film kehrt die Gang rund um Noah (Joel Kim Booster) und Howie (Bowen Yang) für ihren jährlichen Urlaub auf die Insel zurück und feiert dort eine Reunion mit Erin, der selbsternannten Mom der Freundesgruppe. Doch die hat schlechte Neuigkeiten, denn sie muss ihr Ferienhaus auf Fire Island verkaufen. Also beschließen die Männer, das Beste aus ihrem wahrscheinlich letzten Sommer auf der Insel zu machen, finden sich dabei auf Unterwäschepartys und in Karaokebars wieder und verstricken sich in der ein oder anderen Liebesaffäre. Doch neben viel Witz und klassischen Rom Com-Einlagen spricht der Film, der von „Pride und Prejudice“ von Jane Austen inspiriert wurde, auch ernste Themen an: Diskriminierung, mangelnde Repräsentation und das Gefühl von Zugehörigkeit.
Andrew Ahn wurde für den Film von seinem Freund Joel Kim Booster an Bord geholt, der sowohl das Drehbuch schrieb, als auch die Rolle des Noah verkörperte. Während Joel Kim Booster jedoch ein Stammurlauber auf Fire Island ist, war Andrew Ahn vor Beginn des Projekts noch nie dort gewesen.
Im Interview erzählt uns der Regisseur, warum genau diese Außenseiter-Perspektive ihm geholfen hat, die richtige Stimmung im Film zu transportieren und was Pride für ihn persönlich bedeutet.
TV Movie Online: Andrew, was hat dich zu Beginn an dem Projekt fasziniert?
Andrew Ahn: "Ich habe das Drehbuch etwa ein Jahr nach Beginn der Pandemie erhalten. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meine Freunde lange nicht gesehen. Wir konnten nicht zusammen abhängen oder einen gemeinsamen Trip machen. Und da habe ich in Joel Kim Boosters Drehbuch alles gefunden, was ich gerade in meinem Leben vermisst habe. Und ich fand es toll, dass es um Freundschaften zwischen queeren asiatisch-amerikanischen Menschen geht. Und um Freunde, die zu Familie werden."
TV Movie Online: Warst du mal auf Fire Island bevor du beim Film Regie geführt hast?
Andrew Ahn: "Nein, noch nie. Aber da ich schon Urlaub in anderen queeren Urlaubszielen gemacht habe, wie Provincetown zum Beispiel, konnte ich den Vibe verstehen. Zur Vorbereitung bin ich dann dann ganz oft hingereist. Ich bin auch auf die Unterwäscheparty gegangen, die man im Film sieht. Dort habe ich auch Joel getroffen und ihn mal in seiner natürlichen Umgebung gesehen. Trotzdem hatte ich noch eine Außenseiter-Perspektive auf die Insel, aber genau das sollte der Film auch übertragen."
TV Movie Online: Im Film geht es viel um diese enge, familiäre Freundschaft. War die Stimmung am Set genauso?
Andrew Ahn: "Der Cast hat wirklich tolle Freundschaften untereinander geschlossen und das hat sich auch vor der Kamera gezeigt. Alle waren so inspiriert von der Geschichte und ihre Wichtigkeit hat uns zusammengebracht."
TV Movie Online: Besonders die Dialoge im Film wirken sehr authentisch. Bei vielen Rom Coms ist das ja genau das Gegenteil und wir bekommen unrealistische Erwartungen an unser Liebesleben. Wie authentisch sollte Unterhaltung deiner Meinung nach sein?
Andrew Ahn: "Gute Frage. Für mich ist Authentizität eine Priorität. Aber ich verstehe auch, dass manchmal eine gewisse Distanz benötigt wird, um die Geschichte verdauen zu können. Mein Neffe zum Beispiel schaut Cartoons, die ihm erlauben, die Story auf eine Weise zu verstehen, die ein Film mit echten Menschen vielleicht nicht bietet. Manchmal braucht man Fantasie, um Emotionen zu begreifen."
TV Movie Online: In den letzten Jahren kamen mehr Filme mit queeren Hauptrollen heraus. Was ist neu oder anders an „Fire Island“?
Andrew Ahn: "Ich bin schon lange als queerer Filmemacher in der Branche. Es gab schon viele tolle Filme, die herausgekommen sind, die aber diese Plattform einfach nicht hatten. Dabei gibt es so viele tolle queere Geschichten. Daher ist es sehr aufregend, dass 'Fire Island' jetzt die Möglichkeit bekommt, von einem größeren Publikum gesehen zu werden. Und es ist auch besonders, dass der Film vier queere asiatisch-amerikanische Hauptrollen hat. Ich freue mich zu sehen, wie der Film andere Filmemacher:innen inspiriert."
TV Movie Online: Und was bedeutet Pride für dich persönlich?
Andrew Ahn: Für mich bedeutet das, sich auszudrücken. Durch Kunst, Filme, das Schreiben, Fotografieren oder einfach, wenn man einem:einer Freund:in eine Geschichte erzählt. Dadurch verstehen wir uns selbst besser und bauen Verbindungen zu anderen in unserer Community auf. Und wir zeigen, wer wir sind und was uns wichtig ist. Das ist wertvoll.
"Fire Island" ist ab dem 19. August bei Disney+ zu sehen. Einen Trailer zum Film seht ihr hier: