Mit elf Jahren ergatterte Julia Obst die Rolle der Jenny Faller. Sie ist mit der SWR-Serie erwachsen geworden – vor den Augen eines Millionenpublikums. Jetzt erwartet ihre Rolle selbst ihr erstes Kind. Ein seltsames Gefühl, wie die Schauspielerin findet.
Erst Zu Weihnachten 2022 kam Julia Obst auf die Idee, sich beim SWR nach den ersten Folgen zu erkundigen, für die sie als Waisenkind Jenny in der Serie „Die Fallers“ vor der Kamera stand. Als sie sich die alten Aufnahmen gemeinsam mit ihrer Familie ansah, habe sie sich sehr alt gefühlt, wie die Schauspielerin im Interview mit „TV Movie Online“ lachend erzählt.
Was für andere 31-Jährige eher kurios klingen mag, ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass sie ihre künstlerische Laufbahn bereits zu einem Zeitpunkt begann, in der ihre Freundinnen die Zeit nach den Hausaufgaben wahrscheinlich lieber mit einer Britney-Spears-CD als mit einem Skript verbrachten.
„Die Fallers“-Star Julia Obst: Karriere-Start mit Britney-Spears-Imitationen
Nicht, dass Julia Obst das Hit-Album „Baby, One More Time“ nicht selbst im Regal stehen hatte. Nur war Musik für die Schauspielerin schon damals mehr Inspiration als Distraktion. Genau genommen begann sie ihre Karriere auf Dorf- und Stadtfesten zwischen Mannheim und Stuttgart mit Britney-Spears-Imitationen, wobei sie sich die Bühnenchoreografien schon damals selbst ausdachte.
Nach einem dieser Auftritte machte jemand ihre Eltern auf das Vorsprechen für die Rolle der Jenny Faller aufmerksam. Obst, damals noch nicht einmal Teenager, setzte sich beim Casting gegen Konkurrentinnen aus ganz Deutschland durch, begrub ihren Traum, selbst Popsängerin zu werden und begann als Schauspielerin zu arbeiten. Ihrem Mann, dem New Yorker Kunstkurator Leo Kuelbs, erklärte sie ihre Rolle beim Kennenlernen viele Jahre später so: „Die Fallers leben im Schwarzwald, sie haben einen Bauernhof und ich bin ihre Adoptivtochter.“
Natürlich hatte das Wiedersehen mit eigenen elfjährigen Ich auch etwas sehr Rührendes, gerade weil das „Public Viewing“ mit der Familie auf Weihnachten fiel, und Jenny um die Feiertage erstmals auf dem Fallerhof auftauchte, kurz nachdem sie ihre Mutter verloren hatte. „Es war schon etwas Besonderes, sich das nach all dieser Zeit noch einmal anzusehen.“
Julia Obst ließ sich in London ausbilden und lebt heute in Berlin und New York
Während sich Julia Obst beim Anschauen alter Privatvideos wie die meisten Menschen oft peinlich berührt fühlt, kann sie sich von der jungen Jenny Faller deutlich abgrenzen. Obst, die sich nach dem Quereinstieg in die Unterhaltungsindustrie an der Royal Academy of Dramatic Arts in London weiter ausbilden ließ, war es immer wichtig, neben den Fallers auch anderweitig zu arbeiten. „Ich gebe mir immer wieder einen Tritt und springe ins kalte Wasser, das brauche ich!“
Heute führt sie Regie, schreibt Drehbücher und ist in Kurzfilmen zu sehen, die mit dem Sonnenuntergang über dem idyllischen Schönwald nur wenig zu tun haben. „Food On the Table“ beispielsweise befasst sich mit politisch Verfolgten während des NS-Regimes.
Julia Obst braucht diese Vielseitigkeit, beruflich und auch privat. Heute lebt sie in New York ebenso wie in Berlin, sie schaut Horror-Serien und liest Märchen, sie kann sich für digitale Videokunst ebenso begeistern wie für handgemachte Jazzmusik. Sie reist viel. „Um mich herum ist zumeist Trubel“, sagt die Schauspielerin.
Doch sobald sie in den SWR-Studios in Baden Baden in der Maske sitzt, kann sie wieder durchatmen. Hier fühlt sie sich noch immer wie zuhause. „Für ‚Die Fallers‘ zu drehen, erdet mich“, sagt sie, wohlwissend, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, als Schauspielerin über so lange Jahre permanent in Lohn und Brot zu sehen. Die Arbeit für den SWR ist für Julia Obst eine der Konstanten im Leben, die ihr ein Gefühl von Sicherheit geben.
Umso schwerer traf sie der Verlust der langjährigen Wegbegleiter Ursula Cantieni und Peter Schell. Während Cantieni bereits ein Jahr vor ihrem Tod im Sommer dieses Jahres aus der Serie ausstieg, kam Peter Schell trotz gesundheitlicher Leiden bis kurz vor seinem Ende ans Set. „Er drehte, bis es gar nicht mehr ging“, erinnert sie sich merklich bedrückt. Daran habe sie auch gemerkt, wie viel Herzblut er wirklich in die Rolle des Karl Faller legte. „Als er plötzlich nicht mehr auftauchte, war das nur schwer zu verkraften. Wir wussten zwar von seiner Krankheit, dass das Ende allerdings so abrupt kam, darauf war ich nicht vorbereitet.“
Die Fallers: Jenny und Sebastian erwarten ein Baby
Noch immer stimmt es sie traurig, wenn die Kamera auf alte Fotos von Karl oder Johanna Faller schwenkt. Doch auch im verträumten Schönwald geht das Leben weiter. Und die neue Situation eröffnete gerade den jüngeren Stars der Serie unverhofft die Chance, selbst mehr in den Fokus der Handlung zu rücken. Ein Generationenwechsel. „Inzwischen bekommen wir mehr Storys, größere Storys“, so Obst, die in ihrer Rolle aktuell auch die Faller’sche Familiengeschichte weiterschreibt.
Gefühl war Jenny für Obst gerade noch das kleine Mädchen, das bei Bea (Christiane Brammer) und Karl Faller (Peter Schell) eine neue Heimat fand, jetzt ist sie selbst schwanger und erwartet ihr erstes Kind mit Sebastian (Dominik Stricker). „Das ist schon verrückt“, sagt die Schauspielerin, die gar nicht mehr genau weiß, wie lange Jenny und Sebastian in der Serie bereits zusammen sind. „Zehn Jahre müssten es ungefähr sein.“
In dieser Zeit ist das Paar durch die Höhen und Tiefen einer Beziehung gegangen, ohne dabei wirklichen Extremsituationen ausgesetzt zu sein. „Unsere Geschichten bewegen sich immer im Rahmen des Realistischen. Sie sind so angelegt, dass sie der Zuschauer potenziell in seinem Umfeld erlebt haben könnte, was es leicht macht, sich mit ihnen zu identifizieren“, gibt sie das Erfolgsrezept der Serie preis, die sich gerade in Staffel 144 befindet.
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Es sei aber auch nicht so, als ob über dem Schwarzwald nur eitel Sonnenschein herrschen würde. „Ana-Carolina Kleines Rolle Celine zum Beispiel hat gerade eine Fehlgeburt erlebt. Ich glaube schon, dass viele Frauen nachvollziehen können, was jetzt in ihr vorgeht.“
Ob Jenny und Sebastian ein Mädchen oder einen Jungen bekommen, oder 2024 sogar heiraten werden, darf Julia Obst noch nicht verraten. „Ich kann nur sagen, dass es sowohl körperlich als auch mental herausfordernd war, eine schwangere Frau zu spielen“, sagt sie. Oft wisse das Ensemble übrigens selbst erst relativ spät, was in der nächsten Staffel passiert. „Die Autoren lassen uns gern lange im Unklaren.“
Es bleibt also spannend in der Serie, für die Schauspieler – und bei Julia Obst sowieso. Einen Wunsch an die Autoren hätte sie allerdings doch:
„Ich hoffe, dass Jenny ihre Work-Life-Balance wieder in den Griff bekommt. Bevor sie sich mit ihrer neuen Rolle als Erbin eines Hofes auseinandersetzte, hatte sie immer den Traum, in die Stadt zu ziehen und als Anwältin für Menschenrechte tätig zu sein. Ich habe das Gefühl, dass sie das alles aufgegeben hat. Vielleicht geht sie ihre Träume ja wieder an, wenn ihr Kind etwas größer ist. Das würde ich mir für sie wünschen.“
Maryanto Fischer
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