Dieser deutsche Genrefilm ist irre! Und das ist auch gut so. Regisseur Tilman Singer und Hunter Schafer erklären im Interview, was Cuckoo so einzigartig macht!
Irgendwo im Nirgendwo in den bayrischen Alpen landet Gretchen (Hunter Schafer) mit ihrem Vater Luis (Marton Csokas) und dessen Frau (Jessica Henwick). Doch die pittoreske Bergidylle wird schnell von grausamen nächtlichen Eskapaden unterbrochen: Während Gretchens Vater für den sehr extrovertierten Resort-Besitzer Herr König (unvergleichlich brillant: Dan Stevens) an einem neuen Projekt arbeiten soll, wird Gretchen kurzerhand als Pförtnerin eingestellt und ist etwas irritiert, dass Herr König ihr sehr viel Aufmerksamkeit schenkt. Doch das soll ihr kleinstes Problem bleiben: Denn im Resort passieren plötzlich unerklärliche Dinge. Menschen winden sich vor Gretchens Augen, übergeben sich oder brechen einfach zusammen. Und dann ist da noch diese mysteriöse Gestalt mit Sonnenbrille, die Gretchen auf ihrem Nachhauseweg auflauert und ihr das Leben zur Hölle macht…
Wie David Attenborough den Ursprung des Films beeinflusste
Für den deutschen Filmemacher Tilman Singer ist „Cuckoo“ erst der zweite Spielfilm nach seinem Abschlussfilm „Luz“, der mit seinem düsteren Retro-Touch und der cleveren Bildersprache im Jahr 2018 für Aufsehen sorgte. Ähnlich wie bei seinem Debütfilm „Luz“ war die Ausgangslage von „Cuckoo“ ähnlich: Am Anfang des Drehbuchs stand vor allem ein Gefühl im Raum, das der deutsche Regisseur erforschen wollte: „Das Erste ist dabei ein Gefühl, was ich in mir trage, das sich nicht sehr offensichtlich zeigt. Es ist eher verborgen oder versteckt. Und dann finde ich Sachen in der Welt, wie z.B. bestimmte Hinweise, die mich Dinge stark fühlen lassen. Bei 'Cuckoo' war das eine Form aus der Traurigkeit und eine Angst, die ich in mir hatte.“
Dass der Kuckucksmythos natürlich auch eine gewisse Rolle spielt, lässt der provokante Titel und letztendlich auch der außergewöhnliche Verlauf der Story natürlich schon erahnen. Regisseur Tilman Singer betont, dass sich sein „Ursprungsgefühl“ beim Schauen einer BBC-Dokumentation über den Kuckuck mit BBC-Legende Sir David Attenborough nochmal konkretisierte: „Mich haben diese Wirtseltern fasziniert, die ein Ei in ihr Nest gelegt bekommen, ihren ganzen Nachwuchs schon verloren haben und dennoch dieses Küken aufziehen. Die sich daran abarbeiten dieses Kind zu ernähren, das viel größer ist, als sie selbst. Es war gar nicht unbedingt die Grausamkeit des Ganzen, die mich daran fasziniert hat, sondern eher die Tatsache, dass die Eltern weitermachen und dass es für sie, evolutionär bedingt, auch Sinn ergibt.“
Der Kuckuck in der Tierwelt war für Singer letztendlich aber nur der Ausgangspunkt. Den Regisseur interessierte viel mehr, welche Bedeutung der Kuckucksmythos auf Familien und Generationen hätte. Und wer letztendlich in einer Kuckucksfamilie den Kürzeren ziehen würde: „Für mich war die Frage zentral: Wer hätte dann eigentlich die schlechtesten Karten? Wer ist der spannendste Protagonist in diesem Szenario? Für mich ist das ein Küken, das sich mit einem Kuckucksküken im Nest wiederfindet. Denn das wird früher oder später aus dem Nest geschmissen.“
Den Trailer zu "Cuckoo" seht ihr hier:
Hunter Schafer über ihre erste Filmrolle, David Lynch und Gretchen
So kam letztendlich auch das Küken zu „Cuckoo“ bzw. Darstellerin Hunter Schafer zum Projekt. Die 25-jährige Schauspielerin, LGBTQIA*-Aktivistin und Model ist seit ihrer ikonischen Rolle in der HBO-Serie „Euphoria“ einer der gefeierten Shooting-Stars und beeindruckt in ihrer ersten (!) Spielfilmrolle mit ihrer unglaublichen Wandelbarkeit und körperlichen Präsenz. Für Tilman Singer und seinen Manager stand Hunter Schafer zwar ganz oben auf der Casting-Liste, doch das erste gemeinsame Meeting musste aufgrund der Covid-19-Pandemie ausfallen: „Ich habe sofort gemerkt, dass Hunter eine ganz besondere Ausstrahlung hat. Doch ein gemeinsames Treffen in Los Angeles scheiterte, weil die USA zu der Zeit wegen der Corona-Pandemie die Grenzen dichtgemacht hatten. Wir haben erst kurz gezoomt und danach hat Hunter ein Bewerbungsvideo geschickt. Eine Tape-Situation ist an sich so undankbar. Aber ich war so begeistert von ihr und die Sache war für mich sofort klar.“
Für Hunter Schafer selbst war der Sprung von der Serien- in die Filmwelt ein großer Schritt, wie sie im Interview mit TVMovie.de betont: „Ich war wirklich aufgeregt in die Filmwelt einzusteigen. Es ist schön in etwas eintauchen zu können und es letztendlich in einer komprimierten Zeitspanne auch abzuschließen. Es gibt ein Licht am Ende des Tunnels, was es dann auch deutlich weniger überwältigend macht, als an einer Serie zu arbeiten. Und man kommt sich in einer sehr kurzen Zeit einfach sehr nah.“ Um in die Rolle einzutauchen, gab es vom filmaffinen Regisseur natürlich auch Anschauungsmaterial: „Wir hatten bei der Vorproduktion einen Filmabend. Ich bin selbst großer David Lynch-Fan, aber hatte ‚Lost Highway‘ noch nie gesehen. Tilman hat ihn mir dann zur Vorbereitung gezeigt und ich war total begeistert. Das ist eine Sache, die ich an Tilman liebe: Ich sehe genau, wie seine Art Filme zu machen von David Lynch und anderen Filmemachern beeinflusst wird. ‚Lost Highway‘ war wie ein wildes Abenteuer.“
Trotz allem Wahnsinn und den vielen physischen Herausforderungen, die Hunter Schafer in der Hauptrolle bewältigen musste, fühlte sie doch sehr stark mit der Hauptfigur mit: „Mich hat die Entwicklung, die Gretchen im Film durchmacht, sehr bewegt. Sie landet an einem süßen, aber gleichzeitig auch sehr unsicheren Ort. Ihre Emotionen sind sehr universell: Sie fühlt sich verloren und isoliert und sucht ihren Platz in der Welt. Und das Gefühl eine Seele zu finden in diesem Verloren-sein konnte ich sehr gut nachempfinden.“
"Cuckoo" ist seit dem 29. August in den deutschen Kinos zu sehen!