Mit "Alone in the Dark" bekommt ein weiterer Horror-Titel ein Remake spendiert. Gilt das Original von 1992 als Begründer des Survival-Horrors, nehmen wir die Neuauflage unter die Lupe. Kann der Titel auch heute noch schocken?
Horror-Games liegen im Trend. Und gern setzt man Altbewährtem neue Masken auf, um dir das Fürchten zu lehren. Mit Erfolg, wie es scheint. In den vergangenen Jahren haben unter anderem "Alan Wake", "Dead Space" und "Resident Evil 4" eine digitale Frischzellenkur erhalten und zeigten sich von ihrer (im guten Sinne!) schrecklichsten Seite.
Nun erschient mit "Alone in the Dark" ein echter Klassiker von 1992 im neuen Gewand. Das Original ist das erste 3D-Adventure seiner Art, dass das Subgenre des Survival-Horrors begründet – und damit sogar im Guinnessbuch der Rekorde landete. "Alone in the Dark" stellte also die Weichen für viele folgende Grusel-Games und nun kannst du dieses Stück Videospielgeschichte nachholen. Und das mit prominenter Besetzung.
Horror in Starbesetzung
Entwickler Pieces Interactive holte sich starbesetze Unterstützung. Die Film- und Serienstars Jodie Comer ("Killing Eve", "Free Guy") und David Harbour ("Stranger Things", "Black Widow") leihen den beiden spielbaren Protagonist*innen Emily Hartwood und Edward Carnby Aussehen und Stimme.
Und das funktioniert in meine Augen auch ziemlich gut. So bekommen Edward und Emily die nötige Tiefe und vor allem das Voice Acting trägt viel zur Atmosphäre bei. Natürlich musste ich als "Stranger Things"-Fan bei David Harbour gleich an die mysteriösen Vorfälle der Serie denken und begann meinen ersten Spieldurchlauf mit Edward.
Nach dem Intro wirst du nämlich vor die Wahl gestellt, mit welchem Charakter du beginnen willst. Je nachdem, wie deine Entscheidung ausfällt, folgst du einer anderen Geschichte im Spiel. Emily und Edward treffen natürlich während ihrer Erlebnisse immer wieder aufeinander, doch lohnt es sich, beiden Handlungen zu folgen, denn nur so lässt sich das Geheimnis um die Heilanstalt Derceto Manor, dem Schauplatz von Alone in the Dark, lüften.
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Star des Abends: Die Atmo!
Doch trotz Promibonus, lass‘ uns ehrlich sein, "Alone in the Dark" kann nicht mit Grafikaugenweiden aktueller AAA-Titel mithalten. Viele Charaktere und Umgebungen wirken teilweise etwas texturarm. Besonders in hell ausgeleuchteten Szenen macht sich das bemerkbar. Als Horror-Game gibt es bei "Alone in the Dark" (zum Glück) allerdings nur sehr wenige von denen. Hier hatte etwa "Alan Wake 2" erst Ende 2023 bewiesen, wie gut atmosphärische Horror-Games aussehen können.
Doch benötigt ein gutes Game immer den Grafik-Overkill? "Alone in the Dark" beantwortet diese Frage mit einem "Nein". Grafisch ordne ich den Titel irgendwo zwischen realistisch und cleanem Comic-Stil ein. Mehr braucht es nicht, denn der Star des Games ist eindeutig die dichte Atmosphäre.
Licht- und Schatteneffekte setzen das alte Herrenhaus gekonnt in Szene. Soundtrack und Soundeffekte gehören zu den Stärken von Alone in the Dark. Edwards Schritte im Keller hallen unheilvoll von den Gemäuern, in den dunkeln Gängen huscht und raschelt es und beim ersten Stöhnen der bedrohlich wirkenden Kreaturen gehe ich instinktiv in Deckung. Erfrischenderweise verzichtet Alone in the Dark weitgehend auf einfallslose Jump Scares, sodass auch Horror-Neulinge ihren Spaß am Spiel haben werden.
Hier haben sich die Entwickler wirklich nicht lumpen lassen und sich tatkräftige Unterstützung geholt. So ist die Handlung des Remakes von Mikael Hedberg, Autor hinter den Geschichten von "SOMA" und "Amnesia", komplett neu interpretiert worden. Das Monsterdesign stammt aus der Feder von Guy Davis, der bereits mit Guillermo del Toro an Film- und Serienprojekten gearbeitet hat. Den schräg-düsteren Doom Jazz Sound steuert Jason Köhnen bei, der nicht erst seit der Gründung seines Soloprojekts The Lovecraft Sextet beweist, dass er ein Meister seines Fachs ist.
Verirrt im Herrenhaus: Steuerung und Gameplay
Doch wie komme ich in Dereceto zurecht? Emily und Edward lassen sich herrlich unkompliziert durch die Zimmer und Gänge des Anwesens steuern. Schleichen und Rennen, Zielen und Schießen, Ausweichen und Nahkampfangriffe gelingen nach kurzer Zeit intuitiv, das Steuerungsschema am Controller ist eben aus vielen Action-Adventure-Vertretern bekannt.
Horror-Game-typisch ist die Kamera in der Über-der-Schulter-Perspektive recht nah am Charakter dran. Das trägt zwar zur Atmosphäre bei, hin und wieder blieb ich aber an Hindernissen auf dem virtuellen Boden hängen, und im Kampf mit mehreren Gegnern verlor ich schnell die Übersicht. Allerdings ist es auch keine gute Idee, die Aufmerksamkeit mehrerer Monster auf sich zu ziehen.
Zwar stehen dir verschiedene Schuss- und Schlagwaffen zur Verfügung, doch Munition ist rar gesät, und Schlagwaffen nutzen sich nach kurzer Zeit ab. Zu Not kannst du dich auch mit Gegenständen aus deiner Umgebung zur Wehr setzen und schleuderst deinen Feinden Backsteine oder Molotowcocktails entgegen. Zudem wissen Ghoule und andere Kreaturen durchaus zuzuschlagen. Emily und Edward sollten also nicht zu viel einstecken.
Nicht nur die Geschichte, auch Derceto Manor steckt voller Rätsel. Und die wollen gelöst werden, um weiterzukommen. Doch oft bleibt es bei Bilderrätseln und Puzzles, die mit ein wenig Kombinationsgabe schnell durchschaut sind. Kombinationen für Schlösser finden sich in der Regel schnell beim Durchstöbern von Hinweisen und Notizen. Nur selten stand ich vor wirklich kniffeligen Aufgaben.
Doch den Schwierigkeitsgrad kannst du anpassen. Für dieses Review schoss und rätselte ich mich im mittleren Schwierigkeitsgrad durch Derceto und ließ einige Hinweise vom Spiel zu. Rätsel-Veteran*innen können diese Option auch abschalten und sich so extrakniffeligen Herausforderungen stellen, die dann mehr Gehirnschmalz fordern. Oder du stellst den Schwierigkeitsgrad besonders niedrig, wenn du die Story von "Alone in the Dark" genießen möchtest – hier lässt dir das Spiel freie Wahl.
Recht früh im Spiel findest du eine Karte des Hauses. Diese ist besonders am Anfang nützlich, damit du dich auf den mehreren Etagen zurechtfindest und den Überblick über offene und verschlossene Zimmer behältst. Auch hier kannst du dir Hinweise anzeigen lassen und erfährst, für welche Tür die vielen Schlüssel sind, welche du im Verlauf des Spiels findest.
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Darum gehts in "Alone in the Dark"
Das Remake geht einen etwas anderen Weg als das Original von 1992. Kenner des Ursprungs aller Survival-Horror-Games bekommen mit "Alone in the Dark" von 2024 also ebenfalls einiges geboten, auch wenn der Kern der Handlung im Grunde ähnlich bleibt.
Emily Hartwood erfährt, dass ihr Onkel Jeremy in der Heilanstalt Derceto Manor vermisst wird. Die Umstände erscheinen ihr seltsam, da es keine Hinweise auf sein Verschwinden gibt (im Original erfährt Emily von seinem Selbstmord). Zusammen mit dem angeheuerten Privatermittler Edward Carnby will Emily also nach ihrem Onkel schauen, und gemeinsam machen sie sich auf zum gespenstischen Herrenhaus.
Da ihnen das Personal nicht öffnet, suchen sie einen anderen Weg hinein. In der Rolle von Emily oder Edward gelangst du durch den Innenhof zum Anwesen und wirst recht unhöflich empfangen. Zudem kommt beiden das Anwesen seltsam bekannt vor – irgendetwas stimmt hier nicht.
Spielt es im Original kaum eine Rolle, ob du mit Emily oder Edward spielst, haben die beiden Protagonist*innen in 2024er Remake ganz unterschiedliche Beziehungen zu den Charakteren, die du im Spiel triffst. Als Emily oder Edward findest du teilweise andere Gegenstände und Hinweise, triffst NPCs an anderen Orten und erfährst andere Dinge von ihnen. Du siehst in Schlüsselmomenten andere Cutscenes und bekommst sogar im Verlauf des Spiels je einen exklusiven Schauplatz, an dem Emily und Edward sich ihren Traumata stellen müssen.
Willst du das Geheimnis um Jeremys Verschwinden und die mysteriösen Vorgänge in Derceto vollständig aufklären, lohnt es sich also, das Anwesen mit beiden spielbaren Charakteren zu erkunden.
"Alone in the Dark" erscheint übrigens auch in einer vollgepackten Collector's Edition.
Fazit: Licht und Schatten
Ich gebe es zu, viele Horror-Games habe ich noch nicht gezockt. "Alan Wake" war darunter. Und "Luigi’s Mansion", wenn ich den Titel dazuzählen darf. Doch das Projekt machte mich neugierig. Ein Remake eines Klassikers von 1992, dessen Protagonist*innen David Harbour und Jodie Comer Gesicht und Stimme leihen?
Unterm Strich klappt das für mich alles sehr gut. Harbour und Comer machen ihren Job ordentlich und verleihen Edward und Emily Substanz und Tiefe. Man merkt von der ersten Minute an, dass dem Team von Pieces Interactive die Spielereihe sehr am Herzen liegt. Und das macht "Alone in the Dark" einfach sympathisch. Sicherlich bietet der Titel keine Grafik wie millionenschwere Blockbuster-Games, ich hoffe, dass der ein oder andere Clipping-Fehler noch behoben wird und hätte mir in einigen Spielabschnitten durchaus mehr Abwechslung gewünscht.
Jedoch schleiche ich gern durch die dunklen Ecken von Derceto, will das Geheimnis um Jeremy Hartwoods Verschwinden lüften und freue mich insgeheim doch, dass ich im aktuellen Open-World-Wahnsinn endlich wieder klare Ziele vor Augen habe und weiß, dass ich in den schlauchigen Fluren nur mit dem richtigen Schlüssel weiterkomme. Charmant und Old School. Aber höchst unterhaltsam.
"Alone in the Dark" erscheint am 20. März 2024 für PlayStation 5, Xbox Series S|X und PC. Unsere Testversion in der Standard-Edition haben wir im Vorfeld für die Xbox Series X zur Verfügung gestellt bekommen.