Zehn Jahre nach dem Tod seines Vaters zollt ihm Game Director Abubakar Salim in „Tales of Kenzera: Zau“ einen berührenden Tribut.
Was Metroidvanias angeht, bin ich ein richtiger Spätzünder. Anfang 2024 habe ich auf dem Steam Deck per Emulator endlich „Super Metroid“ sowie „Metroid: Zero Mission“ nachgeholt – in meinen Augen zwei absolut essenzielle Klassiker des Genres. Nach dem herausragenden „Prince of Persia: The Lost Crown“ habe ich meinen Metroidvania-Itch zuletzt mit dem niedlichen „Islets“ (gab es kostenlos im Epic Game Store) gekratzt. Und nun steht mit „Tales of Kenzera: Zau“ das nächste Spiel aus diesem grandios-abwechslungsreichen Genre bereit. Zwischen den klassischen Zutaten des Genres mit Hüpf- und Action-Passagen haben mich diesmal doch ganz andere Aspekte gepackt, als ich zunächst gedacht habe.
Eine packende Geschichte inspiriert von Bantu-Mythen und echtem Verlust
„Mein Vater war ein bemerkenswerter Geschichtenerzähler!“ Dieses Statement stammt von Abubakar Salim, Schauspieler, Sprecher und gleichzeitig auch Game Director von „Tales of Kenzera: Zau“. Vor über zehn Jahren ist sein Vater an Krebs gestorben. Das erste Spiel, dass Abubakar Salim mit seinem neu gegründeten "Surgent Studios" auf den Markt bringt, ist nun „Tales of Kenzera: Zau“. Und es ist im Kern ein Tribut an Salims verstorbenen Vater.
Im Mittelpunkt des Spiels steht nämlich Zau, ein junger Schamane aus Amandla, der den Tod seines „Babas“ einfach nicht verkraften kann. Verzweifelt und verloren sucht Zau die Hilfe von Kalunga auf, dem Gott des Todes. Die beiden lassen sich auf einen Deal ein: Da drei Geister dem Tod eines Tages ein Schnippchen geschlagen haben, soll Zau sie aufsuchen und ihnen Frieden bringen. Gelingt ihm das, verspricht Kalunga dem trauernden Schamanen im Gegenzug, dass er seinen Vater bzw. „Baba“ wieder aus der Dunkelheit zurückholen wird. Die Kerngeschichte wird durch zahlreiche Bantu-Geschichten angereichert, die natürlich auch die Herkunft und Historie von Salim und seinem Vater in ein wunderschön-gestaltetes Videospielsetting transportieren.
Womit ich tatsächlich nicht gerechnet hatte, ist die Tatsache, wie berührend und mitreißend das Team um Salim die Geschichte von Zau gestalten würden. Die großartig vertonten Dialoge zwischen Zau, Kalunga und den anderen Figuren, denen wir in Kenzera begegnen, reichern die mythologisch aufgeladene Geschichte rund um Trauerbewältigung, Verlust und ultimativ auch Liebe sehr stark an. "Tales of Kenzera: Zau" ist dann stark, wenn rastlose Gameplay-Passagen mit Zwiegesprächen zwischen Zau und Kalunga kontrastiert werden und das Spiel die emotionale Komponente voll ausspielt.
"Tales of Kenzera: Zau" ist für ein Metroidvania deutlich zu gradlinig
Auch die Wahl des Settings passt wie die Maske aufs Gesicht: Die einzelnen Biome, die wir als Zau in der knapp sechs bis achtstündigen Einzelspieler-Kampagne durchstreifen, sind an die emotionalen Zustände unseres Protagonisten gekoppelt und grundsätzlich sehr gelungen gestaltet. Allerdings ist „Tales of Kenzera: Zau“ für mich eher Action-Adventure als Metroidvania: Denn im Spiel geht es dann doch geradliniger zu als gedacht, sodass wir selten Passagen nochmal sehen bzw. wiederholen. Die Spielwelt ist zwar „Metroidvania“-Like zusammenhängend, doch bietet weit weniger Abwechslung als in anderen Genre-Vertretern. Sonderlich herausfordernd ist „Tales of Kenzera: Zau“ ebenfalls nicht: Zwar hält das Spiel definitiv einige Herausforderungen parat, vor allem, was dreistufige Action-Challenges angeht, doch insgesamt ist der Schwierigkeitsgrad ziemlich moderat.
Das wäre an sich kein Problem, wenn „Tales of Kenzera: Zau“ in puncto Action und Platforming überzeugen würde. Doch auch hier gibt es viel Licht und ein wenig Schatten zu berichten: Die Idee unseren jungen Schamanen mit zwei unterschiedlichen Masken auszustatten und damit auch zwei ganz unterschiedlichen Kampfstilen, setzt das Spiel hervorragend um. Während die Sonnenmaske eher auf Nahkampf ausgelegt, schleudert ihr per Mondmaske Eiskristalle per Fernkampf auf eure Widersacher und könnt jederzeit per Knopfdruck switchen. Im späteren Verlauf erweitert ihr die Möglichkeiten eurer Masken im Fertigkeitenbaum und lernt weitere Fähigkeiten dazu, die euch auch in den Hüpfsektionen unterstützen. Zau steuert sich in den Actionpassagen zwar grundsätzlich gut, doch leider sind die Gegner, denen er auf seiner Reise begegnet, insgesamt sehr limitiert. Die Ausnahme bilden die gut inszenierten Bosskämpfe.
Beim Plattforming sieht es ähnlich aus: Generell ist das Moveset von Zau von Beginn an mit Doppelsprung und Dash sehr groß und wird im Verlauf noch ausgebaut. Doch an richtigen Herausforderungen und spannenden Geheimnissen mangelt es der Spielwelt dann doch: Auf der Karte sind die Bereiche, in denen möglicherweise das eine oder andere Geheimnis auf Zau warten könnte, meist schon ziemlich deutlich erkennbar. Grundsätzlich ist der Fokus auf ein recht gradliniges Spielerlebnis nicht verkehrt, doch könnte einige Metroidvania-Fans möglicherweise enttäuschen.
Hier seht ihr den Gameplay-Trailer zu "Tales of Kenzera: Zau":
Wunderschöne Präsentation mit ordentlicher Performance – auch auf Steam Deck
Dafür sieht „Tales of Kenzera: Zau“ wirklich großartig aus. Wir haben das Spiel sowohl auf einem High-End-PC mit Ryzen 7800X3D, Geforce RTX 4080 als auch auf dem Steam Deck getestet. Die liebevoll gestaltete Spielwelt, die starken Animationen, die wunderschönen Details, Texturen und Lichteffekte sind dem Team wirklich hervorragend gelungen.
Die PC-Performance ist ein etwas zweischneidiges Schwert: Grundsätzlich lässt sich das Spiel auch auf dem Steam Deck gut spielen, doch weist je nach Gebiet stark schwankende Bildwiederholraten auf. Zwischen 35 und 90 FPS ist quasi alles möglich bei den Steam Deck-Settings, auch wenn das Spiel meist im Bereich mit über 60 Bildern pro Sekunde verblieben ist. Ähnliche Schwankungen konnten wir auch auf dem Desktop-PC replizieren: Im Schnitt konnten wir „Tales of Kenzera: Zau“ bei 1440p-Auflösung mit über 200 FPS spielen, aber plötzliche Einbrüche in den 60 und 70 FPS-Bereich waren keine Seltenheit.
Fazit zu „Tales of Kenzera: Zau“: Lohnt sich der Kauf?
„Tales of Kenzera: Zau“ erzählt die Geschichte eines jungen Schamanen, der den Tod seines „Babas“ nicht akzeptieren möchte. Dass die Geschichte des Spiels uns beim Spielen so nah ging, liegt nicht nur an der wunderschönen Erzählweise, sondern auch am Herzblut, das Abubakar Salim und sein Team hineingesteckt haben. Dass es sich hier um die ganz persönliche Geschichte des "Game Directors" handelt, ist fast in jedem Moment spür- und sichtbar. Sehr gelungen ist auch die Idee, dass die hübsch gestalteten Biome des Spiels die innere emotionale Welt des Protagonisten reflektieren.
Doch ist „Tales of Kenzera: Zau“ damit auch ein herausragendes Metroidvania? Leider nicht. Das liegt primär daran, dass das Gameplay des Spiels in vielen Bereichen limitiert wirkt: Das betrifft sowohl die etwas eindimensionalen Action-Passagen des Spiels und die geringere Gegner-Variation als auch die sehr geradlinige Struktur des Spiels und die eher einfachen Hüpfpassagen. Diese Elemente haben andere Genre-Vertreter, auch in diesem Jahr, schon deutlich besser gezeigt. Trotzdem würden wir für „Tales of Kenzera: Zau“ eine Empfehlung aussprechen – gerade wegen der berührenden Story und dem sehr fairen Kaufpreis von knapp 19,99 Euro. Das Spiel ist außerdem für alle PS Plus Extra und Premium-Mitglieder zum Release spielbar.
"Tales of Kenzera: Zau" ist ab dem 23. April für PlayStation 5, Xbox Series X|S, Nintendo Switch und PC über Steam, den Epic Games Store und die EA App erhältlich.