Wie ein Elephant im Porzellanladen: In "Ralph Reichts 2: Chaos im Netz" schicken Rich Moore und Phil Johnston ihren tollpatschigen Protagonisten ins Internet und sorgen damit natürlich für jede Menge Chaos. Im Interview verrieten sie uns nicht nur, warum das Internet der perfekte Schauplatz für den ultimativen Freundschaftstest zwischen Ralph und Vanellope war, sondern was sie von modernen Netz-Phänomenen halten.
Mit "Ralph Reichts" und "Zoomania" bewiesen Phil Johnston und Rich Moore schon in der Vergangenheit ihr großes Herz für vermeintliche Außenseiter. In "Ralph Reichts 2: Chaos im Netz" müssen sich ihre beiden Protagonisten Ralph und Vanellope in den unendlichen Weiten des Internets ihrer größten Herausforderung stellen. Doch trotz Influencer-Erfolgen, teuren Retro-Auktionen und den elendig vielen Möglichkeiten im Word Wide Web geht es in „Chaos im Netz“ vor allem um die fragile Freundschaft zweier Außenseiter, deren Beziehung plötzlich deutlich erwachsener werden muss.
Wir konnten zum Kinostart von "Chaos im Netz" mit den beiden Regisseuren Rich Moore und Phil Johnston über das ungewöhnliche Verhältnis zwischen Ralph und Vanellope reden. Wie schwer es war das „richtige“ Internet für den Film zu finden und welchen Videos sie privat ihre Likes schenken, verrieten sie uns im TVMovie.de Interview:
TVMovie.de: Wann habt ihr darüber nachgedacht Ralph tatsächlich ins Internet zu schicken?
Rich Moore: "2013 haben wir angefangen über ein Sequel nachzudenken, wollten aber kein nostalgisches Stück über die Spielhalle machen, sondern etwas ganz Neues. Die erste Idee war, dass Ralph ins Internet geht, weil er der Meinung ist, dass es die Spielhalle bedroht und es buchstäblich zerstört. Das wäre allerdings nur schwer umsetzbar gewesen, wenn eine Figur, die man eigentlich mögen soll, herumrennt und Dinge zerstört. Es wurde dann also doch die Story, die wir in 'Chaos im Netz' zu sehen bekommen."
Was sind Eure ersten Erinnerungen ans Internet?
Phil Johnston: "Ich studierte damals an der University of Wisconsin-Madison und erinnere mich wie ich in die Bibliothek ging und den PC benutzte. Ich hatte eine E-Mail von einem Freund aus Minnesota bekommen. Ich war absolut überwältigt vom Konzept des Emailens – dass ich einfach so mit einem Freund sprechen konnte, der hunderte von Meilen entfernt war. Ich werde niemals vergessen, wie sehr mich das umgehauen hat. Das ist meine früheste Erinnerung vor ca. 30 Jahren."
Das Internet ist ein gigantischer Schauplatz für einen Film: Wie schwierig war es Euch einzugrenzen und wie habt Ihr den richtigen Fokus gefunden?
Rich Moore: "Du hast Recht. Anfangs war es regelrecht beängstigend eine Geschichte zu erzählen, die im Internet spielt. Es ist ein bisschen so, als würde man sagen, 'wir machen jetzt einen Film über New York.' Das wirft natürlich diverse Fragen auf: Worüber genau? Welcher Stadtteil? Welche Zeitepoche? Ist er lustig? Oder dramatisch? Nachdem wir ein wenig mit den Ideen herumgespielt haben, waren wir uns also einig, dass es um die Figuren gehen muss. Um die Geschichte einer Freundschaft, die dann wiederum das Setting prägt und nicht andersherum."
Das Internet ist so schnelllebig. Hattet Ihr zwischenzeitlich Sorge, dass manche Dinge oder Trends, die im Film thematisiert werden, sich schon wieder geändert haben bis der Film erscheint?
Phil Johnston: "Definitiv! Das war immer unsere Sorge. Unsere Lösung war also, alles auf die einfachere, emotionale Story herunterzubrechen und uns auf die Komödie zu konzentrieren, die sich automatisch aus den beiden Figuren ergibt, die wir ziemlich witzig finden. Man kann es dann als Schnappschuss des Internets im Jahr 2019 betrachten. Im Internet wird sich innerhalb von fünf Jahren einiges verändern, aber die Freundschaft zwischen den beiden ist zeitlos."
Was macht die Freundschaft zwischen Ralph und Vanellope in Euren Augen so besonders?
Rich Moore: "Für mich ist sie einzigartig, weil es eine Freundschaft zwischen zwei Aussätzigen ist, die am Rande der Gesellschaft leben. Ralph hat sich nicht umsonst jahrelang so schwergetan einen Freund zu finden. Er hat eben auch Fehler und wird innerhalb seiner Welt als Bösewicht angesehen. Vanellope passt genauso wenig in ihre Welt. Ich liebe es, dass diese beiden Ausgestoßenen sich getroffen haben. Sie haben beide die möglicherweise einzige Person gefunden, die zu ihnen passt – nicht in einem romantischen Sinne, sondern in Bezug auf Freundschaft. Deshalb wünscht man sich auch, dass diese Freundschaft bestehen bleibt."
Viele Menschen halten es für kritisch, dass heutzutage jeder absolut alles im Netz teilt. Es gibt ja beispielsweise die 'Bird Box-Challenge'. Wie denkt Ihr über solche Trends?
Rich Moore: "Ich weiß nicht so Recht. All die armen Leute, die wegen der 'Ice Bucket'-Challenge an Unterkühlung gestorben sind (lacht). Ich will nicht alt oder wertend klingen, aber vieles davon sollte durch gesunden Menschenverstand verhindert werden. Wie kommt man darauf, mit einer Augenbinde über eine befahrene Straße zu laufen? Nur weil dich jemand in den sozialen Netzwerken dazu auffordert auf Waschmittel-Kapseln zu beißen, muss man es doch noch lange nicht machen.“
Gleichzeitig setzt sich der Film auch mit Influencern und ihren Followern auseinander. Wie denkt Ihr über YouTube und Co. und deren wachsenden Einfluss?
Phil Johnston: „Wenn das zu unterhaltsam wird, dann bin ich meinen Job los (lacht). Ich glaube schon, dass das Internet eine neue Form der Unterhaltung geschaffen hat, aber mit Komödien und Storytelling hat das nichts zu tun. Es gibt eben dumme Sachen im Internet, die reine Zeitverschwendung sind und andere sind genial – genau wie bei Filmen oder Büchern. Manche Influencer sind phänomenal. Manche sind richtig witzig, andere wirklich informativ, wieder andere bewegend.
Habt Ihr jemand Bestimmtes im Kopf? Jemanden, den Ihr sogar empfehlen würdet?
Phil Johnston: Es gibt da diesen Typ, an dessen Namen ich mich nicht erinnere – vielleicht hat er mich dann doch nicht so nachhaltig beeinflusst *lacht*. Aber von ihm lerne ich, wie man Gitarre spielt.“
Rich Moore: Ich weiß nicht, wie man eine Fliege bindet. Deshalb lasse ich mir seit 2013 vom gleichen Typ im Netz erklären, wie das geht. Ich schaue immer wieder das gleich Video, wenn eine Auszeichnung ansteht. Es ist schon zu einer Art Ritual geworden. Ich mag den Typ – ich wünschte ich wüsste seinen Namen.
TVMovie.de: Danke für das nette Gespräch! Und viel Erfolg bei den Oscars – natürlich auch beim Fliegenbinden!
Text & Interview: David Rams
Chaos im Netz startet am 24. Januar 2019 in den deutschen Kinos. Einen Trailer zum Film seht ihr hier: