100 Jahre vor "Breath of the Wild" war stumpfes Draufhauen offenbar wichtiger als Forschergeist, wenn es nach "Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung" geht. Ob sich das Hack’n Slash für die Nintendo Switch lohnt, verraten wir euch im Test.
Monoton, anspruchslos, zu lang: Das Schöne an dieser Beschreibung von "Hyrule Warriors" oder seinem Vorbild "Dynasty Warriors" ist, dass sie sowohl von Fans als auch von Verächtern der Spiele kommen könnte. Nur das Fazit unterscheidet sich. Und ich für meinen Teil hatte auch mit "Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung" verdammt viel Spaß.
Prequel, Sequel oder ganz was Anderes?
Auch wenn der Titel nach einem Sequel zu "Hyrule Warriors" klingt, ist "Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung" eher ein Prequel zu "The Legend of Zelda: Breath of the Wild" – aber irgendwie doch nicht so ganz. Denn schon das Intro deutet an, dass die Ereignisse 100 Jahre vor „Breath of the Wild“ anders verlaufen könnten, dank eines kleinen, zeitreisenden Wächters – der Mini-Version der Gegner, deren Sound "BotW"-Spieler heute noch hochschrecken lässt.
Auf eine unausweichliche Niederlage hinzuspielen, wäre aber auch ziemlich demotivierend – vor allem für eine Reihe, die so von Machtphantasien lebt, wie die „Warriors“-Spiele. Dutzende von Gegnern werden mit simplen Kombos ausgeschaltet, Taktik ist eigentlich nur bei Missionen mit Zeitlimit nötig. Da kommt es darauf an, die verschiedenen Figuren an die richtigen Stellen zu schicken, um sich lange Wege zu ersparen oder wichtige Punkte und andere Figuren zu beschützen.
Auch die Mini- und Endbosse lassen sich nach kurzer Eingewöhnungszeit schnell überwältigen. Nur manche stecken so viel Schaden weg, dass ihre Kämpfe keine Probe der Fähigkeiten und Auffassungsgabe sind, sondern lediglich die Geduld strapazieren. Das wird umso frustrierender, wenn gerade keiner der sehr sporadisch verteilt wirkenden Heilgegenstände zur Verfügung steht oder der letzte Checkpoint auf der anderen Seite des Schlachtfelds liegt, sodass eine Niederlage mehrere Minuten Zeitverlust bedeutet.
Aber auch das legt sich mit der Zeit und mit der großzügigen Ankündigung von Angriffen im Voraus zählt oft nur, das Ausweichen genau richtig zu timen. Bestimmte Aktionen können mit dem richtigen Werkzeug aus dem Shiekah-Tablet gekontert werden, und welches das ist, verrät ein Logo direkt über den stärkeren Gegnern.
Das Tablet gehört zu den Elementen aus „Breath of the Wild“, die auch in „Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung“ übernommen wurden – wie viele Mechaniken aber deutlich vereinfacht. Bomben, Einfrieren, Magnetkräfte oder ein Zeitstopper können im richtigen Moment einen Vorteil verschaffen oder wenigstens eine kleine Verschnaufpause geben, um sich in den Gegnermassen wieder zu orientieren.
Sind diese Fähigkeiten auch vereinfacht, sind sie immerhin für jede Spielfigur unterschiedlich. Manche setzen auf Fläche, manche auf konzentrierte Feuerkraft, aber die Wirkung ähnelt sich doch stark. Immerhin bringt es ein wenig Abwechslung in die durchweg sehr simplen Movesets, die nur teilweise durch die Masse an Charakteren ausgeglichen werden.
Die meisten von ihnen kannten wir bisher nur aus Flashbacks in "Breath of the Wild", aber auch ein paar überraschende Figuren sind dabei. Alleine, die Geschichte einmal selbst zu erleben und mehr Zeit mit den Figuren zu verbringen – sie dabei sogar selbst zu spielen – ist ein großer Bonus von "Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung". Und auch wenn das Grund-Spielprinzip stets gleich bleibt, macht es doch Spaß, die kleinen Unterschiede zwischen den Charakteren zu entdecken und ihre Fähigkeiten zu erweitern.
Link etwa ist ein typischer Allrounder, dem das mit Abstand größte Waffenarsenal zur Verfügung steht, das er zwar nicht mehr austauschen kann, das aber immerhin nicht kaputtgeht. Zelda verlässt sich voll und ganz auf Shiekah-Stein-Fähigkeiten wie Bomben und Magneten und hat anfangs noch das am stärksten beschränkte Moveset, das aber nach ein paar Verbesserungen zu einem der unterhaltsamsten wird. Impa, sonst eine stoische Kriegerin, ist jetzt ein ungeschickter Ninja, der gleich in vielfacher Ausführung über das Feld läuft.
Auch die Recken kriegen einen Platz im Rampenlicht, zusammen mit den Titanen – den massiven Maschinen, die in „Breath of the Wild“ noch als Dungeons fungierten. Die Amazonin/Gerudo Urbosa hat eine Extra-Leiste mit Elektrizität, die sie jederzeit entladen kann, um Gegner in Schach zu halten. Mipha bekommt eine Extra-Möglichkeit, sich zu heilen und sich auf kurze Distanzen zu teleportieren. Vogelmann Revali kann ohne Probleme in der Luft kämpfen – in dem Spiel ein großer Vorteil – und Gorone Daruk haut langsam, aber dafür fest zu – fühlt sich aber unter den Figuren am Unhandlichsten an.
Kein "Breath of the Wild" - aber irgendwie doch
Doch auch kombiniert kommen die Charaktere nicht an die Freiheiten ran, die „Breath of the Wild“ einem damals ermöglichte. Das war natürlich nie der Sinn hinter „Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung“ – das eine war ein Open-World-Spiel, das andere ein eher lineares Hack 'n' Slash – aber es heißt auch, dass man es „BotW“-Fans nicht uneingeschränkt empfehlen kann. Das Erkunden spielt hier eine wesentlich kleinere Rolle. In den Missionen gibt es die Möglichkeit, das Schlachtfeld nach kleinen Geheimnissen und Items abzugrasen, aber diese Ruhezeit fühlt sich im Eifer des Gefechtes immer falsch an – als müsste man die Zeit eigentlich nutzen, noch ein paar Gegnergruppen plattzumachen. Und es gibt zwar eine Karte zum Abarbeiten. Deren Stationen werden aber automatisch freigeschaltet statt sie selbst ausfindig machen zu müssen.
Trotzdem entsteht zwischen außerhalb der Hauptstory am ehesten das „Breath of the Wild“-Feeling, denn es passiert schnell, dass man zwischen ihnen die Zeit komplett vergisst. Durch die kleineren Zwischenaufgaben werden Items, Rezepte, Ausrüstungsgegenstände und Verbesserungen für die Charaktere freigeschaltet, und jederzeit gibt es viele Aufgaben, die kurz vor der Fertigstellung stehen. Hier ein kurzer Kampf für Items, die werden für eine längere Kombo ausgegeben, diese wird gleich im nächsten Kampf ausprobiert und so weiter und so fort.
So wie es bei "Breath of the Wild" immer die kleine Quest oder den Tempel direkt in der Nähe gab, gibt es bei "Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung" stets die eine Kleinigkeit, die vielleicht ein paar Minuten dauert – reiht man aber Dutzende davon einander, ziehen schon mal unbemerkt Stunden ins Land. Ich für meinen Teil habe an ganzen Abenden nur jeweils eine oder zwei Story-Level geschafft und den Rest mit Zwischenmissionen gefüllt. Daher bin ich nach 30 Spielstunden auch noch nicht ganz mit der Geschichte durch.
Es bleibt also dabei: „Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung“ ist anspruchslos, monoton, viel zu lang und die Framerate bricht oft unter der Masse an Gegnern zusammen. Startet man aber erstmal eine Sitzung, ist das schnell vergessen, und plötzlich kommt man nach Mitternacht zu sich und fragt sich, wo zur Hölle eigentlich die Zeit geblieben ist.
Getestet von Sebastian Wienecke