Nicht nur im Kino endete die Geschichte Mittelerdes mit „Die Rückkehr des Königs“, auch J.R.R. Tolkien beließ es bei drei Romanen. Dabei war ein vierter Teil sogar in Arbeit!
J.R.R. Tolkien hat mit Mittelerde eine faszinierende und komplexe Fantasywelt geschaffen, deren fiktionale Entstehung und Anfänge vor allem in „Das Silmarillion“ beschrieben wurden. Die einzigen echten Romane von Tolkien, „Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“, spielen zeitlich im Dritten Zeitalter Mittelerdes. Der Sieg über Sauron in „Die Rückkehr des Königs“ markiert das Ende dieses Zeitalters.
Während drei Zeitalter mehr oder weniger detailliert von Tolkien behandelt wurden und auch die Amazon-Serie „Die Ringe der Macht“ neue, wenn auch kanonisch zweifelhafte Ergänzungen liefert, stellt sich die Frage nach der Zukunft Mittelerdes.
Schließlich ging Mittelerde am Ende des Dritten Zeitalters nicht unter. Ganz im Gegenteil: Mit dem endgültigen Tod Saurons und Aragorn auf dem Thron Gondors sollte doch eigentlich eine Zeit des Glücks und des Friedens anbrechen, oder? Nun, leider ist dem nicht so – und genau aus diesem Grund verzichtete Tolkien darauf, eine Fortsetzung zu verfassen.
Der Herr der Ringe: Das ist die Handlung von „The New Shadow“
Tatsächlich war es Tolkiens Absicht, die Geschichte Mittelerdes weiterzuführen. Die ersten Entwürfe dazu lassen sich in der Sammlung „The Peoples of Middle-earth“ finden. Unter dem bedeutungsschweren Titel „The New Shadow“ setzt die Geschichte tief im Vierten Zeitalter an, während Eldarion, Aragorns Sohn, mittlerweile seit 100 Jahren als König Gondors regiert.
In den insgesamt 13 Seiten, die Tolkien verfasst hat, geht es um einen Mann namens Borlas, der durch die Blutlinie der Númenórer mit einem langen Leben gesegnet ist und den Ringkrieg noch selbst miterlebt hat. Für die meisten Menschen um ihn herum sind die Schrecken von einst jedoch nur noch eine Geschichte, an die kaum jemand denkt oder die heruntergespielt wird.
Borlas erwischt einen Jungen namens Saelon dabei, wie er unreife Äpfel stiehlt. Daraufhin vergleicht er Saelon, der die Äpfel nicht essen, sondern nur mit ihnen spielen wollte, mit einem Ork.
Viele Jahre vergehen, und Borlas und Saelon begegnen sich wieder. In einem Gespräch erfährt Borlas von einer satanischen Religion, die sich in Mittelerde verbreitet und Herumor huldigt. Hinter diesem neuen Namen verbirgt sich erneut Sauron. Borlas willigt nach kurzer Überlegung ein, an einem Treffen dieser Sekte teilzunehmen.
Der Herr der Ringe: Tolkien misstraut den Menschen
Bei seiner Arbeit an „Der Herr der Ringe“ verfolgte Tolkien keinen festen Plan; er ließ sich beim Schreiben von seiner Fantasie leiten. Ähnlich ging er bei „The New Shadow“ vor, schlug dabei jedoch eine Richtung ein, die ihm selbst missfiel. Da es im Vierten Zeitalter kaum noch Zwerge und Elben in Mittelerde gab und Tolkien nicht erneut über Hobbits schreiben wollte, blieben nur noch die Menschen als Fokuspunkt übrig.
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Für Tolkien stand fest, dass Menschen Gutes nie gut sein lassen können. Politische Unruhen und die Unzufriedenheit des Volkes führten zu Gruppierungen wie der bereits erwähnten Sekte, die ganz ohne Magie ihren negativen Einfluss ausüben. In einem Brief bezeichnete Tolkien die Geschichte als „unheimlich und erdrückend“ und stellte die Arbeit daran kurzerhand ein.
Der Herr der Ringe: Vom Fantasy-Epos zum bedrückenden Thriller
Tolkiens Sohn Christopher kommentierte die existierenden Auszüge von „The New Shadow“ mit den Worten: „[Die Geschichte] wäre [...] ein sehr bemerkenswerter 'Thriller' gewesen, und man kann [J.R.R. Tolkiens] frühe Aufgabe durchaus mit Bedauern betrachten.“
Auch Tolkien selbst sprach in diesem Fall von einem Thriller, der durch die Menschen im Mittelpunkt auf viele phantastische Elemente verzichtet hätte. Es darf daher angezweifelt werden, dass Sauron hier erneut in neuer Form und mit neuem Namen zurückgekehrt wäre. Stattdessen sind die Menschen selbst wohl der „Neue Schatten“, von dem im Titel die Rede ist.